Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)
Nikolaus Csánky: Das Bartfelder Madonnen-Bild
Arbeit des kühnen, erfinderischen Meisters blieb uns noch in einigen hervorragenden Federzeichnungen erhalten, welche in der ehemaligen Pariser Rodrigues-Sammlung, ferner in den graphischen Sammlungen zu Frankfurt, London, Dresden und München aufbewahrt werden. Den Ort seiner Tätigkeit verlegen Zimmermann 36 nach Nürnberg, Baldass 37 nach Ostmark und Benesch platterdings nach Wien. Die Entstehung mehrerer Denkmäler verwandten Geistes führt Benesch auf die Wirkung des Worcester-Meisters zurück. Der im Zusammenhang mit den Bartfelder und Krakauer Werken bereits erwähnte Hl. Barbara-Altar in Breslau, sowie vor allem der Heidauer Kalvarienaltar, ferner der Kalvarienaltar der St. Sebalduskirche in Nürnberg, der Hiltpoltsteiner Altar, der Regler Altar in Erfurt und die geschnitzten Reliefs der Innenseite des Znaimer Altars in Wien zeigen die wichtigen Stationen seiner Wirkung. Doch auch die raumsuchenden Kompositionen der gemalten Aussenseite des Znaimer Altars wurden vom Hauch des neuen Zeitgeistes berührt, und sie verkünden — wie bereits ausgeführt — das Herannahen des Krakauer Meisters. Die verlässliche Lokalisierung des Worcester-Meisters verdanken wir Karl Oettinger. 38 Stilkritische Vergleiche lassen auf die bayrische Herkunft des Meisters schliessen, wahrscheinlich war er der Begründer der Münchner Malerschule. Der neuartige Formen- und Themenschatz des Worcester-Meisters hatte im weiten Südesten selbst für kommende Generationen ein lebendig wirkendes Erbgut bedeutet. Von seiner Wirkung in Ungarn mag ein ganz seltener und überraschender Fall zeugen. Ich habe nämlich vor kurzem nachgewiesen, 38 dass eine gegenwärtig im Londoner British Museum befindliche vortreffliche Federzeichnung (182X272 mm): Verspottung Christi als unleugbares Muster und Vorbild der gleichen Szene des Kaschauer Hauptaltars zu gelten hat (Abb. 51—52). Die mächtigen Doppelflügel des Kaschauer Hauptaltars wurden — wie aus den Archivforschungen Ludwig Keménys 38 Nürnberger Malerei 1350—1450. Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, 1932. S. 39 u. V. 37 a. a. O. S. 43. u. v. 38 Hans von Tübingen, a. a. O. S. 112—113. 3fl Der künstlerische Ursprung des Kaschauer Hauptaltars. (A kassai főoltár művészi eredete.) Nationalzeitung (Nemzeti Újság). Budapest, 1939 12. Nov. S. 13. bekannt 40 — im Jahre 1477 errichtet. Diese schmücken zu beiden Seiten je sechs Bilder, deren zwei immer nebeneinander angeordnet sind. Ist der Altar geöffnet (Abb. 48), sieht man 12 Szenen aus der Legende der Hl. Elisabeth von Ungarn; während beim Schliessen der Innenflügel sich 24 Bilder aus dem Passionszyklus dartun (Abb. 49). Werden auch die Aussenflügel geschlossen, sind die 12 wichtigsten Ereignisse aus dem Marienleben zu sehen (Abb. 50). Das bewusste Kaschauer Bild stellt also eine Szene des Passionszyklus dar: es ist die zweite von links in der mittleren Reihe. Der Meister des Passionszyklus war vermutlich schon ein fertiger, vielleicht sogar alter Künstler, als er diese um vier Jahrzehnte ältere Vorlage benützte. Der Geist, der aus der Komposition dieser Zeichnung spricht, zieht ihn aber stets noch an und er verleiht seinem Bilde bloss durch Umgestaltung der Einzelheiten, durch charakteristische Typen und den Hintergrund ein neues, eigenartiges Gepräge. Die aus neun Figuren bestehende Gruppe wird von ihm auf sieben, besser gesagt, auf sechs reduziert, wobei er im Hintergrund die neue Gestalt eines gestikulierenden Juden erscheinen lässt. Die wagrecht geführte Komposition der Zeichnung erhielt auf dem Bild lotrechte Streckung. Wenngleich die Typen und sogar die Art der Figureneinstellung den Passionsszenen der erwähnten Krakauer Dominikaner-Reihe auffallend nahe stehen, lehnt sich die Auffassung der Bildkonstruktion in viel unmittelbarerer Weise an den WorcesterMeister an. Als Beweis dessen diene ein weiterer, überraschender Zusammenhang zwischen den beiden Meistern. Die Anregung für die Geisselung Christi des Kaschauer Altars (in der mittleren Reihe das sechste Bild von links) holte sich der Künstler wieder beim Worcester-Meister und zwar handelt es sich diesmal um eine den gleichen Gegenstand behandelnde Zeichnung 41 der ehemaligen Rodrigues-Sammlung (Abb. 55—56). Möglich ist aber auch, dass eine ähnliche, der Vernichtung anheimgefallene Komposition 40 Zur Geschichte der Hl. Elisabeth-Kirche von Kaschau. (A kassai Sz. Erzsébetegyház történetéhez.) Archaeologischer Anzeiger (ArchaeoTogiai Értesítő), 1890 S. 340. — Alte Rechnungsbücher der Stadt Kaschau von 1431—1533. (Kassa város régi számadáskönyvei 1431—1533.) Kaschau, 1892. S. 14., 15. 41 In dem Auktionskatalog der RodriguesSammlung. (Vente Rodrigues Juni 1921. Amsterdam, Muller.) Nr. 83. III. Taf Die Photographie verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn Dr. Julius Fleischer.