Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)

Dr. Edith Hoffmann: Verlorene Dürerzeichnungen und einige italienische Zeichnungen im Museum der Bildenden Künste

Niccolo dell'Abate (1509—1571) ist eine der anziehendsten Persönlichkeiten der Mitte des 16. Jahrhunderts. Einflüsse von Alberto Fon­tana, Dosso Dossi und Parmigianino ver­mischen sich günstig mit des Künstlers in­dividuellen Bestrebungen nach Grazie. Diese Eleganz seiner Kunst ermöglichte es, dass er mit Rosso und Primaticcio einer der Begrün­der der Schule von Fontainebleau ward. Un­mittelbar vor seiner Übersiedelung nach Frankreich, um 1550 malte der Künstler in Bologna vielleicht die schönste Freskenfolge seines Lebens, einen Fries im Palast des Kar­dinals Poggi, im heutigen Gebäude der Uni­versitätsbibliothek. Den Fries bilden modisch gekleidete musizierende Gruppen junger Leute, sehr ähnlich dem in Modena 1537 ent­standenen Concert des Alberto Fontana, 12 bei dessen Ausführung Niccolos Beihilfe ur­kundlich beglaubigt ist. Dem alten Gedanken gesellte sich hier ein neuer, auch heute noch modern wirkender, weltmännischer Geist zu. (Abb. 6. und 7.) Eine feine Federzeichnung 13 unseres Mu­seums, die Allegorie der Malerei, verrät alle charakteristischen Züge der Kunst Niccolos. Der bei Allegorien ungewohnte, antike Kos­tüme meidende, weltliche Geist der Zeich­nung, der selbstbewusste, ruhige, dem Zu­schauer zugewendete Blick der Hauptfigur, die modische Haartracht und Kleidung, die vornehme Liebenswürdigkeit und die ganze Anordnung der Gruppe erinnern auffallend an die musizierenden Gruppen in Bologna, so dass man im ersten Augenblick geneigt wäre, auch hier an harfenspielende Figuren zu denken, erst später wird man sich bewusst, dass die männliche Figur eine Palette in der Hand hält, die Muse und der Amor eine grosse Leinwand halten (Abb. 5.). Neben die Persönlichkeit des an Parmigia­ninos Feinheit geschulten Niccolo dell'­Abate könnte man unter den Bologneser Künstlern kaum eine gegensätzlichere In­dividualität stellen, als Pellegrino Tibaldi (1527—1596). Tibaldi vermittelte den grossen Stil Roms seiner Vaterstadt. Als er 1550 nach Bologna zurückkehrte, begann er mit den Ar­beiten im Palazzo Poggi, wo auch Niccolo seine musizierenden Gruppen schuf. Tibaldi bedeckte zwei Gewölbe des Palais mit den Szenen der Odyssee; in einem Saal malte er, Im Mittelfeld des Gewölbes, die Erblindung des Poliphem (Abb. 10.), in den vier Ecken 12 A, Venturi: Storia etc. B. IX. 6. S. 583. Abb. 335. 13 Aus der Sammlung Esterházy, E. 4. 6. Hier und im Museum: Baidassare Peruzzi. auf Säulenreihen sitzende, unbekleidete männliche Figuren (Abb. 9.). Die in Unter­ansicht gegebenen Formen dieser in kompli­ziertesten Stellungen sitzenden, schwer­muskligen Figuren, verrät eine solche Kennt­nis des unbekleideten Körpers, wofür in Bo­logna noch kein Beispiel war und was bis zu den Carraccis auch nicht überholt wurde. Der neue Geist des erwachenden Barock ist un­verkennbar. Eine besonders kraftvolle Zeichnung unse­rer Sammlung 14 stellt ebenfalls die Erblin­dung Polip hems dar (Abb. 8.). In der Samm­lung Esterházy wurde die Zeichnung Giulio Romano zugewiesen, im Museum tauchte der Name Tibaldis und AI. Alloris in Frageform auf; endlich versank die Zeichnung zwischen den Arbeiten der Unbekannten. Das Blatt muss aber tatsächlich Tibaldis Werk sein. Die Komposition weicht zwar von der des Palais Poggi ab, trotzdem ist es denkbar, dass dies der ursprüngliche Plan gewesen sei. Viel­leicht wollte der Künstler das Mittelfeld an­fänglich in die Höhe statt in die Breite neh­men, und die Änderung des Formats brachte nachher den Wechsel der Komposition mit sich. Vielleicht fand er es für geschmacklos und unausführbar, dass die Augen Poliphems durch diesen unförmlichen Balken ausgesto­chen werden und noch dazu von vier Män­nern; auch die Bewegung Poliphems, ob­wohl sie viel interessanter ist als im fertigen Fresko, dürfte ihm neben den ähnlichen Eckfiguren zu eintönig erschienen sein. Selbstverständlich kann die Zeichnung auch ein Entwurf zu einem selbständigen Ge­mälde sein. Jedenfalls zeigt Poliphem soviel Ähnlichkeit mit den Aktfiguren, Tibaldis Formprobleme und Stilmerkzeichen sind an der Zeichnung in so hohem Masse zu erken­nen, dass man hier kaum an zwei verschie­dene Künstler denken kann, unsomehr, da wir keinen Bologneser Künstler kennen, der nur in entferntem Masse so monumental zu sein wusste und den menschlichen Körper so gut kannte, als Tibaldi. Die nächstfolgende Zeichnung 1 " stammt ebenfalls von einem Bologneser Künstler, von Bartolommeo Passarotti (1529—1592). Sie stellt das Wunder des Hlg. Philipp Apostel dar, als er in der Stadt Hieropolis den Dra­chen aus dem Tempel des Mars vertreibt. Die Legende erzählt, der aus seiner Höhle 11 Sammlung Esterházy. E. 2. 33. Tusch­pinselzeichnung, weiss gehöht, blaues Papier. lj Sammlung Esterházy, E. 4. 19. Lavierte Bisterzeichnung: Parmigianino, später Mel­dolla benannt.

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