Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)
Dr. Edith Hoffmann: Verlorene Dürerzeichnungen und einige italienische Zeichnungen im Museum der Bildenden Künste
Original treu erhielt, dieses zweite Exemplar uns also nichts Neues über Dürer sagt. Äussert wichtig aber und von grossem Interesse ist eine Kopie ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, von einem anderen Händepaar (Abb. 3.), von dem wir weder das Original Dürers, noch eine frühere und künstlerischere Kopie kennen. Auch dieses Händepaar ist auf dem „Rosenkranzfest" verwendet worden: es sind die Hände des Patriarchen Domenico Grimani, 6 dem der Heilige Dominikus den Kranz überreicht. Die zwei Hände halten auf der Zeichnung eine Stange, auf dem Gemälde das Patriarchenkreuz fest, welches Grimani als Patriarchen von Aquileia zukam. Wie auf der Zeichnung der Hände des Papstes, fehlen auch hier noch die Handschuhe, auf den Fingern sind Ringe, ein klares Zeichen dafür, dass die Kopie nicht nach dem Gemälde gemacht wurde, sondern gewiss nach einer bisher unbekannten Zeichnung Dürers. Diese Zeichnung ist um nichts weniger bedeutend, als die übrigen Studien zum Rosenkranzfest, und bietet ausserdem neue Beiträge dazu, wie unendlich gewissenhaft Dürer dieses Bild malte, welches den Venezianern sein ganzes Können beweisen sollte. Ausser dem s. g. von Heygh der rechten Seite, dem Stifter der linken Seite und dem Engel, kennen wir nun die Händestudien aller Personen, die Kopf-, Figur- und Mantelstudien garnicht erwähnt. 6 Im Jahre 1508 findet man auf einer Handstudie der Albertina 7 eine sehr ähnliche Hand wie die Rechte des D. Grimani. Sie wurde von Dürer 1518 für das Münchener Lucretia-Bild verwendet. Derselbe Künstler, der die stangenhaltende Hand kopierte, kannte auch den Kopf des Papstes im Original, und kopierte ihn ebenfalls auf blaues Papier. Auch diese Zeichnung, welche in vielen kleinen Einzelheiten vom Berliner Blatt abweicht, 8 befindet sich in unserem Museum. Eine andere Zeichnung aus dem 18. Jahrhundert stellt einen Männerkopf dar. (Abb. 4.) Die Art des Vortrages, die Technik (blaues Papier, Tuschpinselzeichnung, weiss gehöht) die charakteristischen, suggestiven, dem Zuschauer zugewendeten Augen, sprechen dafür, dass es sich auch hier um eine verlorene Dürerzeichnung handelt und zwar ebenfalls aus der venezianischen Zeit. Doch genau 5 J. Neuwirth: A. Dürers Rosenkranzfest. Prag. 1885. S. 52. 8 Von der Hand des Papstes ist eine bestrittene Zeichnung mit Handschuh bekannt. Winkler: Op. cit. II. S. 95. 7 Winkler: Op. cit. II. No. 435. 8 Winkler: Op. cit. II. Nr. 380. übernommen wurde die Studie weder auf dem „Rosenkranzfest" noch auf dem „Zwölfjährigen Jesus im Tempel". 9 Hier handelt es sich also um eine Studie, welche Dürer nur frei verwendete, ein Verfahren, welches in seinem Lebenswerk nicht allein dasteht. Sind doch die Kopfstudien zum Lissaboner Hieronymus auch untereinander verschieden, der eine Kopf schaut hinunter, der andere heraus, die unmittelbare Naturstudie ist vielleicht garnicht bekannt. Den Kopf selber verwendete Dürer beim Petrus 10 der vier Evangelisten später noch einmal, verändert und verjüngt. Alldies in Betracht ziehend, scheint es möglich, dass unser Kopf eine Naturstudie sei, die eben deshalb unvollendet blieb. Dürer wollte sich nur soviel notieren, was ihm am Kopf für besonders charakteristisch und der Verewigung wert erschien. Nachher veränderte er ihn frei nach Bedarf, machte ihn kahlköpfig, alt, wechselte den Blick der Augen und fügte ihn schliesslich in das Bild des Zwölfjährigen Jesus ein. Die Form der Nase, der Schnitt der Augen, der Schedel, die Ohren, die schlaffen Muskeln des Gesichtes ähneln sich auf dem Bild und der Zeichnung viel zu sehr, als dass es ein blosser Zufall sein könnte. Auch hinter dem Kaiser im Rosenkranzfest finden wir einen ähnlichen Kopf, d. h. nur die herausblickenden Augen und einen Teil des Gesichtes; möglicherweise wurde auch zu diesem Kopf dasselbe Modell verwendet, doch kann es eben wegen der Kleinheit des Ausschnittes, nicht behauptet werden. Endlich muss ich noch eine — bedeutend früher entstandene — Kopie erwähnen, die zweifellos auch nach einer verlorenen Dürerzeichnung gemacht wurde. (Abb. 1.) Sie stellt eine alte Frau dar, ist nicht Clair-obscurartig auf blaues Papier gezeichnet, sondern ist eine Federzeichnung auf weissem Papier. Das Original stammt aus der Niederländischen Zeit des Meisters, um 1520. Die Kopie ist weniger genau, wie die bisher erwähnten, weniger detailliert, als das Original sein musste, und rührt wahrscheinlich garnicht von einem Deutschen her. Dass das Original aber tatsächlich Dürers Arbeit war, beweist ein Blatt des Niederländischen Skizzenbuches in Chantilly, 11 eine alte Frau darstellend (Abb. 2.); man fragt sich mit Recht, ob hier nicht ein und dasselbe Modell benützt wurde. • 8 Früher in der Sammlung Barberini in Rom. heute Thyssen Bornemisza, Lugano. 10 Winkler: Op. cit. IV. Nr. 788, 789. 11 Winkler: Op. cit. IV. Nr. 771.