Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)
Zoltán Oroszlán: Tanagrafiguren und ihre Genossen
TANAGRAFIGUREN UND IHRE GENOSSEN FRAUEN-, KINDER- UND PANFIGÜRCHEN UNSERER ANTIKEN TERRAKOTTENSAMMLUNG Die Erde Boiotiens ist eine der reichsten Fundorte griechischer Terrakotten. Die antiken Grabstätten von AnthedoTi, Lebadea, Plataiai, Tanagra, Thebai, Thespiai, Thisbe, die boiotischen Heiligtümer der Athena, der Kabiren und des Apollon von Ptoios haben uns bei ihrer Ausgrabung mit tausenden von kleinen, aus Ton geformten Statuetten beschenkt, die uns über die mehr als halbtausendjährige Geschichte der Terrakottenplastik dieser Erde (vom Beginn des 7. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. v. Chr.) reichhaltige und genaue Aufschlüsse geben. 1 Unter den obenerwähnten Fundstellen in Boiotien wurde der Name Tanagras in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts am bekanntesten. Tanagra verdankt seinen Weltruf "der Entdeckung seiner aus vieltausend Gräbern bestehenden Nekropolis durch griechische Bauern, die sie zu Anfang der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts ausgruben und ausraubten. Aus diesen Gräbern kamen ganze Mengen verschiedenartiger Typen von Terrakottenfiguren zum Vorschein, und unter diesen wurden die Knaben und Mädchenfiguren aus dem 4—3. vorchristlichen Jahrhundert, kunstvoll geformte, mit unnach"ahmlicher Anmut und Grazie modellierte Tonstatuen, einfach mit der Bezeichnung „Tanagra" auf den internationalen Kunstmarkt geworfen. Diese „Tanagras" blieben seither die beliebten Objekte des Kunsthandels, gesuchte Gegenstände der Sammelleidenschaft von Privatleuten und Zierden jeder Antikensammlung der Museen. Nichts beweist ihre Beliebtheit und Begehrtheit besser, als dass bereits in einigen Jahren auch 1 Siehe Winter: Die Typen der figürlichen Terrakotten, Berlin, 1903. Einleitung; weiters H. B. Walters: Catalogue of the terracottas in the British Museum, London, 1903, p. XXXIX—XLI. die Fälscherwerkstätten antiker Kunst gerne mit der Anfertigung und dem Verkauf der „Tanagra"-Figuren sich beschäftigten. Die Athener Archäologische Gesellschaft konnte leider diesen sinn- und methodelosen Tanagra-Verheerungen erst spät Einhalt gebieten. Seither erfolgte auch die fachgemässe Auf Schliessung der noch unberührten Gräber; dem können wir die Kenntnis der TerrakottaWerkstätten und ihrer Arbeit verdanken. Der Name Tanagras war schon im Altertum bekannt und hochgeschätzt. 2 Viele Schriftsteller erinnern sich der Stadt, doch über die Koroplasten von Tanagra, über ihre Werkstätte, oder über ihre Tonfiguren lesen wir nirgends. Vielleicht kann man es jedoch als Hinweis auf die bereits im Altertum berühmten Tonfiguren auffassen, wenn Pausanias die Bewohner der Stadt als das Volk YHÇ Kepa|a€Îç nennt 3 und Heracleides Tanagra als noAiç àpïi\Ad;bn.ç erwähnt. 4 Aus einer griechischen Reisebeschreibung des Pseudo-Dikaiarchos aus der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. erhalten wir ein reizendes Bild über die Stadt Tanagra in seiner Zeit und ihre Bewohner. 5 Er erzählt, dass der. Weg von Oropos nach Tanagra durch eine reich mit Ölbäumen bepflanzte Gegend führt. Der Weg sei sicher, vor Räubern muss man keine Angst haben. Die Stadt ist hochgelegt. Ihre Häuser sind aus Ton gebaut und weiss getüncht. Er sieht 2 Uber die Geschichte Tanagras gab uns Kekulé die bisher vollständigste Zusammenstellung in seinem „Griechische Tonfiguren aus Tanagra", Stuttgart, 1878. — Siehe noch den Artikel Fiehns unter „Tanagra" in der „Real Encyclopaedie von Pauly-Wissowa ZR." Bd. IV. Sp. 2154 ff. 3 IX. 19. 8. * Müller: Fragm. Hist. Graec. II. p. 257, 8. 5 Müller, ebendort. II. S. 254 sq.