Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 6. 1929-1930 (Budapest, 1931)
Deutsche Auszüge der im Band VI enthaltenen Aufsätze
Aussage der Quellen sind diese Darstellungen von Ambrogio und Pietro Lorenzetti ausgeführt worden, was auch durch die von Ugurgieri übermittelten Inschrift : «Hoc opus fecit Petrus Laurentii et Ambrosius Frater MCCCXXXV.» bestätigt ist. Von den kurz nach 1720 zerstörten Fresken war bisher nichts bekannt, da weder Zeichnungen, noch Stiche nach ihnen verfertigt worden sind. Ihre Rekonstruktion kann trotzdem versucht werden und zwar durch die Hilfe der sienesischen Malerei der zweiten Trecentohälfte und des Quattrocento. Die sienesische Kunstübung dieser Zeit hat einen so auffallend traditionellen Charakter, dass ihre Maler, sowohl in formeller, wie ikonograpb.iscb.er Hinsicht vorwiegend Schöpfungen der ersten Trecentohälfte wiederholen. So wurden z. B. die grossen, auch heute noch erhaltenen Kompositionen der beiden Lorenzetti, wie die Darstellung Christi im Tempel und die Geburt Mariae verschiedentlich kopiert. (Abb. 1—4.) Auf Grund solcher Erkenntnisse darf auch der Versuch einer Rekonstruktion der verlorenen LorenzettiFresken gemacht werden, wobei besonders darauf geachtet werden muss, dass die Quellenangaben mit den angenommenen Repliken des verlorenen Originals übereinstimmen sollen und die Wiederholung auch formale Einflüsse des Meisters der Originalschöpfung zeigen soll. Bei einer ikonographischen Sichtung des zwischen 1350 und 1500 entstandenen Kunstmaterials ergab es sich, dass aus dem Marienlebcn vor allem jene vier Szenen immer wieder dargestellt werden, welche die Autoren an der Fassade des Scala Hospitals gesehen haben. Als Ausgangspunkt zu vorliegendem Rekonstruktionsversuch eignet sich besonders eine Darstellung Giovanni di Paolos vom Tempelgang Mariae, welche sowohl in den Einzelheiten (Säulen, Kapitelle, farbiger Fliesenfussboden, Guirlanden haltende Engel), wie auch in der Gesamtheit der mit zentralperspektivischen Versuchen gestalteten Architektur starke Zusammenhänge mit Ambrogio Lorenzettis Darstellung Christi im Tempel zeigt. Dass diese Koniposition des Tempelgangs nicht das künstlerische Eigentum Giovanni di Paolos war, bezeugt eine Reihe ganz ähnlicher Darstellungen desselben Themas : Predellenbilder aus der Schule Sano di Pietros und Sassettas im Depot der Vatikanischen Pinakothek (Abb. 8—9), ein Wandbild in der Domsakristei zu Siena. welches selbst einer Marienfolge angehört, doch in der Gestaltung des Architektonischen etwas veränderte Züge zeigt. (Abb. 10.) Der terminus ante quem für die Entstehungszeit des Urtyps Szépművészeti Múzeum Évkönyvei. Vi. dieser Darstellungen wird durch das um 1350 entstandene Fresko in S. Leonardo al Lago bei Siena erbracht, welches in ihrer Architektur, wie in der Anordnung der Figuren die engsten Zusammenhänge mit dem Bilde Giovanni di Paolos zeigt, aber dabei in der Behandlung der Gestalten direkte Einflüsse der Lorenzetti aufweist. (Abb. 6.) Die Übereinstimmung der auf über ein Jahrhundert verteilten Darstellungen beweist, dass sie auf ein gemeinsames Vorbild zurückzuführen sind, die auf den Stil Ambrogios verweisende Behandlung besonders der beiden Kompositionen von S. Leonardo al Lago und des Giovanni di Paolo lassen in diesem Vorbild das verlorene Fresko der Brüder Lorenzetti vermuten. Nach Angabe Della Valle's soll das Heimsuchungsfresko im Oratorio di S. Bernardino zu Siena eine Wiederholung der Lorenzettiscben Heimsuchung-Komposition gewesen sein. Dieses Werk zeigt eine ikonographische Eigentümlichkeit, welche nur in sienesischen Darstellungen des Themas vorzufinden ist : die Gestalt des Zacharias, welcher mit seiner Gattin Elisabeth die Jungfrau vor ihrem Hause empfängt. (Abb. 11.) Zum selben Kompositionstyp gehört noch eine Serie von Darstellungen des späten Trecento und des Quattrocento : die Heimsuchungsszene Bartolo di Fredi's vom Montalcino-Altar (Siena, Accademia, Abb. 12.), von Sano di Pietro (Altenburg, Lindenau Museum, Abb. 13.), der Sassetta-Schule (Vatikanische Pinakothek, Abb 15.), von Vecchietta (Slg. Johnson, Philadelphia, Abb. 10.), von Pacchiarotti (Siena, Accademia, Abb. 14.) und endlich ein Freskenbruchstück vom Anfang des XV. Jahrhunderts in der Domsakristei zu Siena. (Abb. 17.) Die Zusammengehörigkeit dieser Darstellungen bezeugt schon die durchgehend ähnliche ikonographische Fassung des Themas, und trotz mancher von der Persönlichkeit der einzelnen Meister bedingten Unterschiede sind sie auch kompositionell, in der Anordnung der Architektur und der Figuren, in der Raumgestaltung auf eine gemeinsame Vorlage zurückzuführen. In jedem dieser Darstellungen spielt sich die Szene auf einer ziemlich schmalen Bühne ab, die nach hinten mit einer Wand abgegrenzt ist. Das Haus des Zacharias steht in der rechten Ecke dieser Bühne und die von ihren Mägden begleitete Jungfrau zieht vor der Mauer von links dem Eingang zu, wo sie von Elisabeth und Zacharias empfangen wird. Der Urtyp dieser Darstellungen muss vor Bartolo di Fredis Bild, also vor 1388 entstanden sein, da es nicht anzunehmen ist, dass der in 33