Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
PETER HUBAI: Unbekannte koptische Apokryphe aus Nubien (Vorläufiger Bericht)
Platzes der Folien hat eindeutig gezeigt, daß der Kodex tatsächlich zwei, und nicht mehr Schriften enthält. Das Material des Kodex ist Pergament. Die Handschrift wurde schon von den Ausgräbern ohne Einbanddeckel gefunden, wenngleich es aufgrund der ersten Seite mit Sicherheit einen Einband gegeben haben muß. Von den 34, kaum beschädigten Seiten in Postkartengröße enthalten 31 einen in koptischer Sprache geschriebenen, klar lesbaren Text, während die äußere Seite des schon erwähnten, ersten Blattes leer und die innere Seite mit einem riesigen Kreuz geschmückt ist. Auch die letzte Seite ist mit einem ähnlichen Kreuz ausgefüllt. Die Untersuchung des Schriftbildes beginnen wir mit der Feststellung der auffallenden Tatsache, daß die sich auf allen Seiten fortsetzende, kontinuierliche (Absätze oder die Auslassung von Zeilen natürlich nicht kennende) Schrift an einem Punkt unterbrochen wird: Die Hälfte von Seite 23 blieb leer. Das Schreiben wurde nicht fortgesetzt und die zweite Schrift auf der darauffolgenden Seite begonnen. Die abgebrochene Seite zeigt eindeutig, daß der scriptor einerseits markieren wollte, daß hier etwas zu Ende ist, andererseits im Voraus nicht wußte, wieviel Text folgen wird, der Umfang der Schrift war also ungewiß. Die folgende Schrift kann jedoch zeitlich nicht viel später geschrieben worden sein, denn sie setzt sich auf der einzigen leeren Seite desselben Folio fort. Die zweite Schrift ist genau am unteren Rand der Seite zu Ende, als ob man im Voraus gewußt hätte, daß sie genau so lang sein wird. Dieser Anschein trügt jedoch, denn es mußte ein selbständiges Blatt (ein halbes Folio) eingefügt werden, was genau daraufhinweist, daß man auch hier ursprünglich den Umfang des Textes nicht kannte. Die erste Schrift enthält pro Seite weniger Zeilen und pro Zeile weniger Buchstaben. Die zweite Schrift ist "konzentrierter". Dieser signifikante Unterschied in der "Konzentration" läßt die Frage aufkommen, ob wohl derselbe Schreiber die beiden Schriften geschrieben hat? Die Beantwortung dieser Frage kann nur mit Hilfe einer gründlichen paläographischen Untersuchung geschehen. 7 Während wir diese Frage augenblicklich noch unbeantwortet lassen, sind wir aufgrund unserer Untersuchung dazu gekommen, daß wir vielleicht nicht irren, wenn wir davon ausgehen, daß unsere Handschrift im Scriptorium des Klosters Kasr el-Wizz ' Grundlegend dazu V. Stegemann, Koptische Paläographie, Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums und des Mittelalters, Bd. 1, Heidelberg 1936; M. Cramer, Koptische Paläographie, Wiesbaden 1964.