Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst
Realismus ausgearbeitet. Insbesondere das Kniegelenk ist mit vielen Details versehen und an Armen und Beinen ist die Oberfläche in einer Weise wellig bewegt, die die Kraft anschaulich macht. Die Schultern sind sehr breit und zuweilen mit einem kugeligen Muskelpaket belegt. Der Oberkörper wirkt lang, da der Gürtel tiefer sitzt als in früheren Epochen. Die Muskeln des Rumpfs sind in drei Zonen locker, geschmeidig und differenziert aufmodelliert, beinahe organisch und nicht schematisch gegeneinander abgesetzt. Auf die grossen Brustmuskeln folgen die Bmstkorbpartie, die Einziehung der Taille und die Bauchpartie, die fast einen Querwulst bilden kann oberhalb des Gürtels. Die Darstellung ist derjenigen des Neuen Reiches ganz unähnlich und knüpft eher an das Alte und Mittlere Reich an, geht aber über jene Epochen hinaus im anatomischen Verständnis, besonders des Rumpfs unterhalb der Schultern, der früher nur schwach oder gar nicht artikuliert war. Datierbare Beispiele sind die beiden Bronzefiguren Taharkas in Berlin und die steinerne Kniestatue Nachthorhebs aus der Zeit Psammetichs II. in Paris. 145 Es handelt sich um ein sehr ästhetisch wirkendes, reifes und maskulines Ideal des Körpers. Die Königsplastik der 26.-30. Dynastie knüpfte an das Bild des männlichen Körpers an, das seit der 25. Dynastie bezeugt, aber wohl schon etwas früher entstanden war, und vor allem entwickelte sie nochmals einen neuen Gesichtstypus, der in ganz auffallender Weise einem erotischen Schönheitsideal verpflichtet ist. Vollständig erhaltene Statuen oder auch nur Torsi sind sehr selten zu finden und die inschriftlosen Köpfe sind meist nur mit grössten Schwierigkeiten einem bestimmten Herrscher zuzuweisen. Wir folgen hier der Datierung J.A. Josephsons. 146 Das älteste inschriftlich gesicherte Werk ist der Grauwackekopf Psammetichs II. im Musée Jacquemart-André. 147 Die Varianten, die für die folgenden Herrscher bis zu Nektanebos I. ausgebildet wurden, weichen so erstaunlich wenig voneinander ab, dass die einzelnen Persönlichkeiten nur mit grösster Mühe unterschieden werden können. Die wichtigsten Charakteristika (Paris Louvre E.5347); Vandersleyen, a.a.O. (Anm. 45), Tf. 209b (Bruxelles M RAH E.7730); Fechheimer, a.a.O. (Anm. 62), Tf. 105 (Paris Louvre E.7693); Ägyptisches Museum Berlin, a.a.O. (Anm. 64), Nr. 962 und 963 (4421 und 14460). I4S Ägyptisches Museum Berlin 19894, a.a.O. (Anm. 144), Nr. 61a-b (35/74 und 1/75) (Taharka); The World a.a.O. (Anm. 152). S. 145, Nr. XLII1 (632) (Schabaka); K. Mysliwiec, Royal Portraiture of the Dynasties XXI-XXX, Mainz 1988, Tf. XXXII (Relief Schabakas Kairo CG 70007), Tf. XLVIa-c (Widderfigur mit Taharka aus Kawa. National Museum Khartoum 1581 und 2682); Vandersleyen, a.a.O. (Anm. 45). Tf. 219 (Nachthorheb, Paris Louvre A.94). 14 *J. Josephson, Egyptian Royal Sculpture of the Late Period 400-246 B.C., DAIK Sonderschrift 30, Mainz 1997. l47 Josephson, a.a.O. (Anm. 146), 6, Tf. 2c (Paris, Musée Jacquemart-André 438).