Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst
des Gesichts sind die folgenden: Es ist lang und relativ schmal und neigt zur Rechteckform, die seitlichen Umrisslinien laufen aber nach unten leicht zusammen. Die Augen befinden sich weit oben im Gesicht. Sie sind nur wenig weit geöffnet, aber langgezogen, und die Achsen stehen ganz leicht schräg. Die Brauen sitzen ziemlich dicht oberhalb der oberen Lidränder und sind so minim gebogen, dass sie fast waagrecht wirken. Die Nase ist eher schmal und mittellang, das Untergesicht hingegen lang und kräftig, weil die Unterkieferwinkel sichtbar sind und der Kirmwulst ein grosses Queroval bildet. Die Lippen sind nur schwach gepolstert, die Mundspalte ist geradlinig und die Mundwinkel sind zu einem leisen Lächeln hochgezogen. Dieses Antlitz wirkt erwachsen und männlich, es hat nichts gemein mit dem Kindchenschema. Es gleicht aber in erstaunlichem Ausmass dem heute gängigen, erotischen Schönheitsideal für Männer, wie es von den oben erwähnten Tests der modernen experimentellen Ästhetik ermittelt wurde und wie man es an Bildern von Filmstars, 148 beliebten Fernsehmoderatoren oder "Mister Schweiz" feststellen kann: Wesentlich sind die langrechteckige Form mit der kräftigen Unterkieferpartie, die weit oben im Gesicht sitzende Augenpartie mit den flachen Brauen und die seitlich in die Länge gezogene Form von Augen und Mund, die einen heiter gelassenen und überlegenen Eindruck machen. - Wie in der Spätzeit die ganze Königsstatue aussah, lassen uns der wundervoll modellierte Basalttorso Nektanebos' I. im Louvre und die schöne Kalksteinstatue desselben Königs aus Hermopolis (Kairo) ahnen. 149 Mit der Ausbildung eines reifen weiblichen bzw. männlichen Körpertypus' hat die Dritte Zwischenzeit bzw. Spätzeit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Schönheitsideale geleistet, wenngleich die Darstellung eines solchen Ideals nun wieder, wie schon vor der Zeit des Neuenen Reiches, nur sporadisch ein Bildthema ist, weil die wichtigen künstlerischen Ziele der Zeit andere sind. Neu ist auch die nackte Königinnenstatuette als Weihgabe, die auftritt "wie die Göttin", indem sie sich mit der Funktion der Liebes- und Muttergöttinnen identifiziert. Die seit dem Alten Reich für den Jenseitsglauben so wichtige, verführerische West- oder Himmelsgöttin wird nun, (wie z.B. auf dem Basler Sarg MKB III 130), erstmals beim Wort genommen von den KünDie 100 Filmstars des Jahrhunderts, a.a.O. (Anm. 129), S. 19 (Humphrey Bogart), S. 21 (Marlon Brando), S. 153 (Laurence Olivier), 185 (William Holden). 'Josephson, a.a.O. (Anm. 146), S. 8, 13, Tf. 3b (Kairo JE 87298), S. 11. Tf. 3c (Paris Louvre E.25491).