Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)

MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst

göttin auf Zehen- und Fingerspitzen balacierend einen Bogen über ihm bildet, zu welchem Zweck ihre Extremitäten allerdings stark überlängt werden müssen. Es handelt sich eher um eine theologische Formulierung als um eine naturalistische Darstellung nackter Körper, weshalb die Frage nach dem Schönheitsideal hier weniger in Betracht kommt. Die Himmelsgöttin nimmt aber oft einen noch weit prominenteren Platz ein auf den bemalten Särgen, nämlich den Boden der Sarg­wanne. Sie ist ja die Geliebte und Mutter, die den Vestorbenen - gleich dem Son­nengott - jeden Abend empfangt und ihn am Morgen neu gebiert. In seltenen Fällen ist sie nackt dargestellt, wie z.B. auf dem Sarg III 130 des Basler Muse­ums der Kulturen, der in die späte Dritte Zwischenzeit (23.-25.Dyn.) datiert wer­den kann. 142 Sie wird dort als attraktive Frau geschildert mit breiter, schwungvoll gerundeter Hüftpartie, grossen Brüsten, stark betontem, grossem Schamdreieck und langen, locker-strähnigen Haarschöpfen, was alles daraufhinweist, dass ihre Sexualität von grosser Bedeutung ist. Überdies erscheint sie in Frontalansicht wie die Göttin Qadesch auf den Stelen des Neuen Reiches. Die Körperformen haben sehr grosse Áhnlichkeit mit den oben besprochenen, nackten Statuetten. Die Funktion des Haars als erotisches Signal ist hier durch den ausschwingend-geza­ckten Rand der Frisur angedeutet, was im 1. Jahrtausend nur mehr ganz selten vorkommt. Auf dem Boden eines zweiten, wenig älteren Sarges des Museums der Kulturen (III 129b-c), der in der 22. Dynastie entstanden sein dürfte, ist eben­falls eine nackte Himmelsgöttin mit ausgebreiteten Armen dargestellt. Das Schema der Darstellung ist dasselbe: Der Kopf ist von der Seite gesehen und die grossen Brüste, die schräg nach aussen weisen, sind beidseits neben den sehr schmalen Rumpf gesetzt. Der Zeichner war aber sichtlich weniger begabt als der­jenige des Sarges III 130. 143 Männerstatuen aus der Dritten Zwischenzeit und Spätzeit sind zwar in grosser Zahl erhalten, aber bei den Statuen aus Stein ist der nackte Oberkörper selten zu sehen, weil die Darstellung von Gewändern, Naoi und anderen Attributen Prior­ität hatte vor den körperlichen Vorzügen. Trotzdem interessierten sich die Bild­hauer sehr dafür, wie wir an einigen Statuetten aus Stein, Bronze oder Holz able­sen können. 144 Die Muskulatur ist am ganzen Körper mit einem neuen Sinn für ,42 Unpubliziert. Vgl. R. Brech-Neldner-D. Budde, Der Mumiensarkophag des Nes-Pa-Kai-Schuti, Lippisches Landesmu­seum, Detmold 1992, Abb. 7 auf S. 16 (auf dem Sargboden die nackte Nut, Körper und Kopf - hier mit Hathorfrisur ­frontal dargestellt). ul M. Müller, Mumienhülle und Sarg der Tahai, Museum der Kulturen Basel (Führungsblatt) 1999, Abb. auf S. 3 oben. 'Ägyptisches Museum Berlin, Staadiche Museen Preussischer Kulturbesitz, Berlin 1989 4 , Nr. 65, wohl 26. Dyn. (8812/8813); W. Seipel, a.a.O. (Anm. 42), Nr. 146 (London BM EA 2276), Nr. 156, (Boston MFA 07.494), Nr. 157

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