Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)
MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst
zu einem jugendlichen Königsbildnis zeigten sich schon in der frühen 18. Dynastie bei Achmosis I. und Thutmosis I., aber es scheint tatsächlich, dass der Typus durch eine Frau auf dem Thron geprägt und etabliert wurde. Es ist verblüffend, dass er sich unter den männlichen Nachfolgern halten konnte. Dies kann nur dem Umstand zu verdanken sein, dass die Idee, die dahinter stand, so überzeugend war, dass sie zu einem Leitmotiv oder Paradigma der ganzen Epoche wurde. DRITTE ZWISCHENZEIT UND SPÄTZEIT Ein sexuelles Schönheitsideal ist in zwei Bereichen festzustellen: Zum einen an Statuetten und gelegentlich auf flachbildlichen Darstellungen von Damen und Herren der Oberschicht, zuweilen auch Königinnen und Göttinnen, nachweisbar ab der 25. Dynastie, und zum anderen an Königsstatuen der 26. bis 30. Dynastie. Die Frauenplastik der Dritten Zwischenzeit und Spätzeit ist sehr schwer zu datieren, weil Inschriften mit chronologischen Hinweisen äusserst selten sind. Steinstatuen von Frauen aus dieser Epoche gibt es fast nur von den Gottesgemahlinnen, hingegen sind Statuetten nicht-königlicher Damen, zuweilen von beachtlicher Grösse, aus Bronze, Holz und Fayence nicht selten. 131 Sicher datierte Belege gibt es erst ab der 25. Dynastie. Am bekanntesten sind die sehr grossen Bronzen mit Tauschierung, wie Takuschit in Athen und zwei ähnliche Figuren in Berlin.' 32 Sie zeichnen sich durch relativ fällige, pralle Körperformen aus. Die grossen, kugeligen Brüste sind erstmals in der ägyptischen Kunstgeschichte wirklich betont und Hüfte, Hinterteil und Oberschenkel laden kurvig aus. Die Gestalt ist von mittlerer Statur, weder sehr gross noch sehr schlank. Es handelt sich eindeutig um ein sexuelles Schönheitsideal, und zwar um den Typ der reifen, gebärfreudigen Frau. An den Gesichtern ist jedoch keinerlei erotischer Reiz wahrzunehmen. Der gleichen Körperbildung kann man auch an den zahlreichen Weihfigürchen von Göttinnen aus Fayence ""Helck, a.a.O. (Anm. 86), S. 141 (Urk. IV, 1541 ). "'Beispiele: Egyptian Sculpture of the Late Period 700 B.C. to A.D. 100, The Brooklyn Museum, Brooklyn 1960, 13f, Nr. 12, Tf. 11 ; Ägyptisches Museum Berlin, a.a.O. (Anm. 64), Nr. 945; R. Bianchi, Egyptian Metal Statuary of the Third Intermediate Period, in: Small Bronze Sculpture from the Ancient World, The J. Paul Getty Museum Malibu, California 1990, Abb. 8 auf S. 76. I32 77îe World of Egypt in the National Archaeological Museum, Athen 1995, S. 158f, Nr. XLVIII (110); Fechheimer, a.a.O. (Anm. 62), Tf. 102-103 (Berlin 2309); Osiris Kreuz Halbmond, Mainz 1984, Nr. 48 (Berlin 71.71 ).