KÖTŐDÉSEK. A VIDÉKI MAGYARORSZÁG EMLÉKEZETE (Kiállítási katalógusok - Szentendre, Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 2003)
BINDUNGEN UND ERINNERUNGEN Die im Ungarischen Freilichtmuseum Szentendre in der Skanzen Galerie veranstaltete Ausstellung mit dem Titel Bindungen, die die Werke von in Szentendre lebenden Künstlern vorstellt, ist eine außerordentliche Ausstellung. Sie gewährt einerseits einen Überblick in die gegenwärtige Kunst und manifestiert andererseits die Entstehung einer neuen Sammlung. Diese zwei Charakteristika der Ausstellung sind keineswegs der Laune des Veranstalters zu danken. Der Anspruch besteht in Szentendre bereits seit Jahrzehnten. Der Wille war da, um neben dem System der kleinen Kunstmuseen oder statt diesen Institutionen eine umfassende, die Vollständigkeit anstrebende ständige Vorführung der Kunst des 20. Jahrhunderts in Szentendre ins Leben zu rufen. Die temporäre Ausstellung im MűvészetMalom im Herbst 2002 mit dem Titel: Ungarische Kunst im 20. Jahrhundert von Szentendre aus gesehen drängte auf die Behebung dieses Mangels. Und obwohl in erster Linie nicht die Aspekte der sog. hohen Kunst (und der Kunst der Stadt Szentendre) die fachlichen Funktionen und Aufgaben des Ungarischen Freilichtmuseums bestimmen, können wir es als eine verehrungswürdige Bestrebung erachten, dass die Institution der äußerst problematischen und seit Jahrzehnten ungelösten Angelegenheit der ständigen Präsentation und Repräsentation der aus tausend Wunden blutenden gegenwärtigen Kunst in Szentendre zu Hilfe eilt. Dies tut das Museum mit der Sammlung und Vorstellung von Kunstwerken, denen Volkskunstbeziehungen und Übertragungen zugrunde liegen, und denen die Volkstradition als Lebensquelle diente. Das andere wichtige Charakteristikum ist die die Sammlung verwirklichende Absicht: Zeitgenössische Kunstwerke - schon wegen den äußerst mageren wirtschaftlichen-finanziellen Möglichkeiten - können nur sozusagen per Zufall für die Nachwelt erhalten werden. Da die Museen im Bereich der Sammlung von Kunstwerken zur Passivität verurteilt sind, haben gegenwärtige Kunstwerke kaum die Gelegenheit, den Weg in eine Museumssammlung zu finden. Daher bedeutet die Entstehung der Kunstkollektion des Ungarischen Freilichtmuseums neue Chancen für die Künstler von Szentendre, wie auch für ihre Werke. Die Kollektion mit dem Titel Bindungen - der Kern der Sammlung - wurde als Geschenk der Künstler organisiert und bietet einen Überblick über die Tendenzen der Kunst in Szentendre um die Jahrtausendwende. Sie fasst die Werke von fünfzig Malern, Grafikern, Bildhauern, Gewerbekünstlern und Fotografen zu Einheit zusammen und schafft damit die Richtungen der planmäßigen Sammlerarbeit der nächsten Zeiten. Wir hoffen, dass in Zukunft genügend (finanzielle) Kraft zur Erweiterung, zur Ausübung der Methode der klassischen Sammlungsvergrößerung (Kauf) vorhanden sein wird. Wenn wir die Kunsttraditionen von Szentendre behandeln, können wir nicht umgehen - und es ist bei der Entstehung und Vorstellung der Bindungen-Kollektion auch besonders gerechtfertigt -, dass wir uns auf die viel zitierten Gedanken eines der bedeutendsten ungarischen Maler des 20. Jahrhunderts, der sich mit der Stadt stark verbunden fühlte, wieder einmal berufen. Lajos Vajda formulierte 1936 die folgenden Gedanken, die von ihrer Aktualität bis heute nichts verloren haben: "... ohne Tradition kann man nichts machen und unter den ungarischen Umständen kann dies nur die ungarische Volkskunst sein, das Übrige, was außerhalb dieser steht, ist meistens wertloser Abfallhaufen (auch wenn im Abfall ab und zu auch Perlen zu finden sind), der völlig nutzlos ist, also gut zum Wegwerfen (oder soll in einem dunklen Raum aufbewahrt werden)... Wir wollen dasselbe, was Bartók und Kodály in der Musik bereits durchgeführt haben, und ich glaube, dass es im Bereich der Malerei solche Strebungen bis jetzt noch nicht vorhanden sind, und wenn es uns gelingt, unser Ziel zu erreichen, dann werden wir die Ersten in diesem Bereich sein. Ja, wir müssen die Pionierrolle übernehmen, und wir empfinden deshalb die Notwendigkeit dieser Aufgabe, weil in der heutigen ungarischen Kunst alle rückwärts, in die Vergangenheit gucken. Wir schauen auch in die Vergangenheit, aber mit einem ganz anderen Zweck. Wir wollen nämlich stärker werden, die Werte der Vergangenheit retten (was noch nicht vernichtet ist), und diese der Zukunft weitergeben. Die ganze Volkskunst begann leider zu zerfallen, dank den segensreichen Einwirkungen der bürgerlichen "Kultur und Zivilisation". Überall in den Dörfern wird planmäßig vernichtet, zerstört was alt und 'aus der Mode gekommen ist', was 'den heutigen Zeiten nicht mehr entspricht'." Siebzig Jahre nachdem Lajos Vajda diese Gedanken niedergeschrieben hatte, würde er - wenn er in unserer Welt herumspazieren würde - die zunehmend zerstörerische Kraft der Zivilisationseinwirkungen, die von der Globalisierung 17