Csaplár Ferenc szerk.: Lajos Kassák / Reklame und moderne Typografie (1999)
Weg zur elementaren Typografie
MA ÍRÓIVAL ZENÉSZEIVEL ELŐADÓIVAL 3-ik bécsi MATINÉJA OKTÓBER ELSŐ HETÉBEN AKTIVIZMUS EXPRESSZIONIZMUS DADA Anzeige (Matinee der „Ma"), Ma, 6. Jg. Nr. 9 (15. September 1921) / Kat. 16. keit. Dieser Reklametypus strebt nicht irgendeinem ästhetischen Ziele zu, sondern rückt im Zeichen derobjektiven Kraft und in die Richtung des Menschheitsfortschritts vorwärts. Die Reklame ist eine angewandte Kunst, der Reklamekünstler ein sozial Schaffender. Wenn wir den heutigen Zustand und die Entwicklungslinie der ungarischen Reklamekunst mit kritischem Blicke abmessen, so können wir dieselbe leider nur in geringen Einzelheiten mit den oben angeführten theoretischen und praktischen Feststellungen kollationieren. Ein überwiegender Teil der reklameerzeugenden Fachleute betätigt sich mit kunstgewerblicher Zurüstung und rein individueller Eingenommenheit in der Branche, und die Drucker, die sich auf typografischen Gebieten der Reklameerzeugung betätigen, trachten gleichfalls eher nach Geltendmachung ihrer künstlerischen Neigungen, als nach sachlicher Entfaltung des Druckergewerbes und nach stofflicher Lösung der Satzarbeit. Ich bin dem Redakteur der „Ungarischen Graphik" dafür zu Dank verpflichtet, daß er mir die Möglichkeit bot, die Beilagen der vorliegenden Nummer aus eigenen Entwürfen zusammenzustellen und diesen auf prinzipieller und praktischer Grundlage beruhenden Artikel im Blatte zu veröffentlichen. Dieser Artikel erörtert die theoretischen Erwägungen meiner Reklameentwürfe, auch folgt daraus, daß ich die Verantwortlichkeit für meine bewußten Arbeiten übernehme, ebenso würde ich gerne die Polemik für sie übernehmen, wenn jemand an meine Entwürfe oder an den theoretischen Teil meines Artikels Bemerkungen knüpfen sollte. Es werden sich unter den Kollegen und den Druckfachleuten manche finden, die sich meine Ansichten nicht völlig zu eigen machen können. Es werden sich auch solche finden, die es beanstanden werden, daß ich zwischen Kunstgewerbe und Reklamekunst eine starre Scheidewand aufstelle; auch wird es solche geben, welche die mitgegebenen Briefpapierköpfe als Satzproben beanstanden werden. Es werden sich solche finden, die das meinerseits gekennzeichnete Bestreben als eng begrenzt und dogmatisch-gradlinig bezeichnen werden, andere, die befürchten werden, die Möglichkeiten seien nicht gehörig in Betracht gezogen, andere wiederum, die ihre Stimme gegen die allgemeine Veralltäglichung, gewerbliche Verflachung der Branche erheben werden. Wenn solche kritischen Gesichtspunkte angeführt werden sollten, kann ich im vorhinein erklären, daß sich dieselben nicht aus der fachlichen Produktion, sondern aus der am unrechten Orte und in unrichtiger Weise ausgelegten Auffassung von der schaffenden Kunst ergeben werden. Denn die Reklameerzuegung ist, wie bereits gesagt, keine primäre Kunst, und es ist ein Grundfehler der ungarischen Entwerfer, daß sie nicht nach künstlerischer Ausformung des gegebenen Stoffes, sondern sowohl im Plakate, als auch in der Typografie nach Bildhaftigkeit, nach einer abgeschlossenen, schaffenden Kunst trachten. Fünfundneunzig Prozent der Plakate wollen als impressionistische Malerei gelten, und die gesetzten Briefpapierköpfe und Geschäftskarten betonen gleichfalls die Bildhaftigkeit. Die meisten Inseratenentwerfer betrachten z.B. nicht die elementare Ausformung des gegebenen Textes, sondern die Dekorierung der Papierfläche als ihre Aufgabe, obgleich zwischen dem Ausgangspunkt und der 13