Déry Tibor: Knockout úr útijegyzetei. Elbeszélések 1930–1942. Erzählungen aus den Reiseerlebnisse des Mr. Knockout (Déry Archívum 3. Petőfi Irodalmi Múzeum, Budapest, 1998)
Deutsche Texte
Märchenspiel in der Arpád-u. ie alte Mutter, die im V. Bezirk, Árpád-u. 14. wohnt, einer kleinen Quergasse, die das Donauufer mit dem Börsengebäude verbindet, ist 1 leicht beunruhigt und beglückt: in emigen Tagen soll sie ihren 75. Geburtstag feiern. Fünfundsiebzig Jahre, Tag für Tag langsam vorwäitsvvtihlend in dem Block von Nichts, der das Leben umgibt wie der Berg den Tunnelarbeiter, scheint eine Leistung zu sein, die belohnt werden sollte, gleichgültig, ob irgendein Ziel erreicht wurde oder nicht. Nach siebeneinhalb Jahrzehnten sollte man sich selbst auf die Schulter klopfen dürfen und sagen: „Sehr brav Ernestine! Brav geschuftet! Immer so weiter, Ernestine!" Demgemäss brummt und wettert die alte, kleine Mutter zwar seit einigen Tagen etwas weniger als sonst, ist aber mit dem oben erwähnten, verflucht schwerem Tunnelbau (Wirtschaft, Strümpfestopfen, Wäscheflicken, Räumen) gottseidank noch immer so arg beschäftigt, daß sie nicht merkt, wie sich ihr Zimmer öfters mit blaß rosenrotem Licht füllt, ein Engel flügelschlagend zum Fenster hineinsieht und Umschau hält. Dreht sie sich plötzlich um, so sieht sie eine Taube davonfliegen; etwas Taubenmist auf dem Fensterbrett bestärkt sie in ihrer Überzeugung, dass die Vögelplage in der Árpád-u. überhandnimmt. Der Balkon muß wieder einmal aufgewaschen werden - ruft sie. - Diese Irene denkt auch an gar nichts! Die alte Mutter hat zwei große, grobknöchige Söhne, die tun als ob sie nicht wüßten, daß sie in einigen Tagen Geburtstag hat. Die Mutter tut, als ob sie nicht merkte, daß die Söhne nicht wissen. Tatsächlich sieht sie nicht, daß die zwei groben Bösewichte manchmal ebenfalls rosenrot zu leuchten anfangen und vor Begeisterung zart schwitzen - wie eben Engel schwitzen wenn sie an die gelungene Überraschung denken, mit der sie das sich vollendende Wunder der 75 Jahre zu feiern wünschen. Voller Heimtücke geben sie sich Fußtritte unter dem Tisch. - Was treibt der Hund unter dem Tisch? - fragt die Mutter. - Irene, führen Sie ihn hinaus! Es wird einem übel, nicht einmal beim Essen hat man seine Ruhe! Der Hund, ein blutjunger, rabenschwarzer Puli, der seelenruhig unter dem Tisch gelegen ist, wird hinausgeführt. Er lacht über das ganze bärtige Gesicht und hinterläßt einige kleine, silberhelle Laken - die wie Seen eine flache Landschaft - mit ihren klaren Spiegeln die Wohnung wunderber verschönern, wofür aber die alte Mutter, die die festliche Absicht des Tieres verkennt, nicht das geringste Verständnis hegt. - Der Hund kommt aus dem Haus! - ruft sie, denkt aber keinen Augenblick daran, ihre Drohung zu verwirklichen. Sie geht