Déry Tibor: Knockout úr útijegyzetei. Elbeszélések 1930–1942. Erzählungen aus den Reiseerlebnisse des Mr. Knockout (Déry Archívum 3. Petőfi Irodalmi Múzeum, Budapest, 1998)
Deutsche Texte
mit Mensch und Tier scharf ins Gericht, ist aber mit einem guten Wort zu beschwichtigen. Sie klagt die Welt an, aber Waldesrauschen macht sie glücklich. Sie erscheint unersättlich, kann aber mit einer freundlichen Schale Thee gesättigt werden. Tritt man ihr auf den Fuß, so beschwört sie die Rache Gottes herauf, widerruft aber beim ersten Donnerschlag erschrocken den zornigen Fluch. Sie zitiert seitenlag aus Don Carlos, Faust, Westöstlicher Divan, auch Herder, Klopstock, Chamisso, und ist über jeden Verdacht erhaben, die Fürwörter, die den dritten Fall regieren, mit dem vierten Fall zu mißbrauchen. Sie zankt ungebührlich viel mit Söhnen, Schwestern, Schwägerinen und Freudinnen. Ihr Heißhunger nach Liebe ist nicht zu stillen, so lange ihr Herz schlägt - Tief unten, zwischen dem Gestein von Wirtschaftssorgen, eingeschüttet wie ein Tunnelarbeiter sitzt die kleine alte Mutter im Lehnstuhl, Socken stopfend, den Kopfhörer über die grauen Haare geklemmt und sinnt mit schmalem Gesicht, wie sie dem arbeitslosen Mann des Mädchens Irene Arbeit verschaffen könnte. Kartoffeln und Eier sind wieder teuerer geworden. - Es ist zum Auswachsen! - sagt sie laut, denn sie führt gern Monologe. Der Schutzengel - Tobias genannt - presst die Nase an die äußere Fensterscheibe und schlägt mit den Flügeln. Die Scheibe klirrt, es wird heller im Zimmer. Die Mutter sitzt mit dem Rücken zum Fenster. - Wozu braucht der Bub im Badezimmer Licht! - brummt sie sorgenvoll. - Georgi, lösch aus! - ruft sie laut. - Man kann sich die Hände auch im Finstern waschen! - Jawohl - sagt der Schutzengel, der die Stimme des Sohnes angenommen hat und verdunkelt sein Licht. Die Mutter stopft weiter und hört in den Kopfhörer hinein. - Die riesigen Löcher - klagt sie verärgert. - Wenn man sich die Socken auszieht, solange das Loch noch klein ist... - Schon gut! sagt Tobias der Engel hinter der Scheibe. Das Loch im nächsten Strumpf schließt sich, aber die Mutter merkt es nicht. - Ihr habt leicht reden! - sagt sie. - Kümmerst Du Dich darum, daß der Mann eine Stelle bekommt? - Der Engel, der bereits seit Wochen in den Aktiengesellschaften herumflattert, um dem Mann eine Stelle zu verschaffen, neckt die Mutter ein wenig. - Ich habe keine Zeit - ruft er und schlägt erschrocken mit den Flügeln, denn ein Windstoß hat ihn fast vom Fensterbrett geblasen. - Keine Zeit! - ruft die Mutter empört. - Aber die Irene soll für Dich arbeiten und sich zu Tode schinden und dabei die Sorgen... So sind die Menschen! - sagt sie vor sich hin. - Aber ich werde ihm sagen - teilt sie sich selbst mit - daß wenn er dem Mann keine Arbeit verschafft... Hast Du - unterbricht sie sich plötzlich - hast Du dem Kanarienvogel Futter gekauft? - Er hat noch Futter für eine Woche sagt Tobias mit den Flügeln. Durch einen strahlenden Blick hält er den Vogel zum Singen an: der pfeift nun mit unirdischem Wohlklang, so süß, daß der Fikus vor dem Fenster leise erzittert und seinen Blättern ein kleiner, milder Glanz