Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Wien-brevier - Gyula Krúdy: Der wiener hut
ihr ein Andenken vom Kaiser mitzubringen. Er brach beinahe vor Müdigkeit zusammen, als er zu Riedler, seinem selbsternannten Großvater, der ebenfalls Kaffeeröster war, hereinplatzte. Riedler hatte dieselbe Kopfgröße wie mein Verwandter, und wie es sich für einen ehrenwerten Wiener Bürger gehört, hatte er den Zylinder gleich zur Hand. Die Uhr im Turm des Heiligen Stephan schlug vier Uhr Nachmittag. Der Kaiser hatte die Burg bereits verlassen. Er ging auf die Jagd. Es kam ihm nie wieder in den Sinn, den hutlosen Ungarn einzuladen. Manche meinen, dass er sogar verärgert gewesen sei, weshalb mein Verwandter sein Ansehen in Wien verlor, wo er nun sein Dasein fristete und die Hoffnung nicht aufgab. Die Wirtinnen gaben ihm den Laufpass, die Handschuhmacher mieden seinen Tisch, schließlich begann sich auch die Polizei für ihn zu interessieren. Mein Verwandter kehrte seelisch und körperlich gebrochen nach Hause zurück, wo man sagte:- Dem Hund geschieht es recht. Er wollte die Heimat verkaufen. Jetzt machen sich die ungarischen Delegierten erneut auf den Weg nach Wien. Szemere, der Außenminister, der Herr des Haus Ungarn gibt ein Mittagessen für die Delegation: Aber es gibt nicht jeden Tag eine gedeckte Tafel; wo essen unsere Gesandten sonst? Die Wiener Wirtshäuser haben heutzutage einen schlechten Ruf. Die Wienerfahren nach Budapest, um satt zu werden. Die berühmten Küchen würde mein Verwandter vergeblich suchen, falls er auferstünde. Es gibt sogar kein Bier mehr, dabei lebt der alte Dreher noch. Man hatte überlegt, einen Pester Wirt mitzunehmen, der kochen sollte, während sich die Gesandten berieten. Möglich, dass es auch so gegangen wäre. Aber am Besten ist es trotzdem, es dem Beispiel der Alten, der einstigen Reisenden gleichzutun, die die Reise bequem in der Kutsche zurücklegten, niemand saß ihnen von Pest bis Pressburg auf dem Schoß, allerhöchstens ein schönes Mädchen. Die Lebensmittel nahmen sie nicht selten in lebendigem Zustand mit: die Schweine auf dem Wagen, die Ochsen von geübten Leuten getrieben. Im Wirtshaus am Rande der Stadt stellte sich die mitgebrachte Köchin an den Herd. Sie tranken ihre eigenen Weine, kneteten den Teig aus heimischem Mehl, aßen auf den mitgebrachten Tellern. Während sie sich entspannten, betrachteten sie mit dem Zahnstocher in der Hand die vielen Österreicher, die in ihren Kniebundhosen in der Stadt herumliefen. Es ist wahr, dass der auch ansonsten kaum zu bremsende Neid der hungrigen' Österreicher heutzutage eine landesweite Bedrohung bedeuten würde, sie würden ihre Fäuste in ihren Taschen noch fester ballen, aber unsere Gesandten 212