Magyar László szerk.: Orvostörténeti Közlemények 178-181. (Budapest, 2002)
TANULMÁNYOK - ARTICLES - Schultheisz Emil: A tanköltemény az orvosi oktatásban
ZUSAMMENFASSUNG Die Schulung und Stärkung des Gedächtnisses galt seit der Antike als eine wesentliche Voraussetzung für intensive geistige Betätigung. Dass Texte mit gebundener Rede dem Gedächtnis leichter eingehen und schneller haftenbleiben als Prosastücke, ist hinreichend bekannt. In seinem kurzen Essay Über das Lehrgedicht gesteht Goethe der didaktischen Poesie durchaus ihren Eigenwert zu. Das Altertum sah in der Lehrdichtung keineswegs Poesie geringeren Ranges, wenn auch Aristoteles diese aus der eigentlichen Poesie ausschloss (Poetik 1447b). Mit Hesiod beginnt das Lehrgedicht. Ihm war eine bedeutende Nachwirkung beschieden. Gegenstände der frühgriechischen hexametrischen Lehrdichtung sind Mythologie sowie lebenspraktische Themen. Auch die vorsokratische Philosophie bedient sich wiederholt der Form des Lehrgedichts, dessen Funktion nach der „sokratischen Wende" weitgehend vom philosophischen Dialog, sowie vom systematischen Lehrbuch und vom Lehrbief übernommen wird. Die in der griechischen Literatur entstandenen Gattungen werden in Rom fortgesetzt. Lehrdichtung erscheint als umfassende Weltdeutung, bei Lukrez z.B. mit naturkundlichmedizinischer Ausrichtung, oder als Darstellung einzelner Fachdisziplinen, z.B. der Medizin. Auf Form und Inhalt des einzigen erhaltenen, im eigentlichen Sinne medizinischen Lehrgedichts der Antike - Liber medicinalis, de medicina praecepta salaberrima des Quintus Serenus wird näher eingegangen. Sie umfasst insgesamt 1107 Verse. Der Dichter verzichtet völlig auf theoretische Erörterungen und beschränkt sich in erster Linie auf die Nennung der Krankheit oder des Gebrechens samt einer kurzen Beschreibung der Symptome. Charakteristich für das Sachinteresse und die lehrhafte Intention des Autors ist, dass die poetische Form hinter dem sachlichen Inhalt, der vermittelt werden soll, überall zurücktritt. Er gestattet sich auch sonst keine sachfremden Exkurse. An der Universität Wien begann der bekannte Humanist, Vadianus (Joachim von Watt) seine lectio annua (1517) mit dem Buch des Serenus. Auch der Wiener Professor, Martin Stainpais empfiehlt das Serenus-Werk in seinem Liber de modo legendi seit docendi (1524). In der Bibliotheca Corviniana fehlt das Poema medicum des Serenus nicht. In dem Codex Vat. Palát. Lat. 1587 befindet sich das Carmen des Bischoffs von Averna, Caius Sidonius Apollinaris folgend das Liber medicinalis (Praecepta de medicina parvo pretio parabili). Dem folgend schrieb der scriptor Petrus Cenninius das excerptierte Liber medicinalis des Benedictus Crispus aus dem Jahre 1468. Die Methode des Erlernens eines rhythmischen Textes, eines Lehrgedichts wurde im ganzen Mittelalter bis hinein in die Neuzeit gepflegt (siehe dazu Gundolf Keil: Prosa und gebundene Rede im medizinschen Kurztraktat des Hoch- und Spätmittelalters). Auch volkssprachlich setzt sich das Verisifizieren medizinischen Inhalts fort. Besonders gepflegt werden medizinische Traktate in Versform, die auf griechischen und arabischen Vorlagen fussend, ab dem 11. Jh. in Latein eigene diagnostische und therapeutische Erkentnisse formulieren. Ein typischer Autor dieser Gattung ist Gilles de Corbeill. Von seinen Werken waren vor allem die Harnlehre, aber auch der Pulstraktat sowie die Medikamentenlehre am verbreitetsten. Einige mehrfach kommentierte Verstraktate hielten sich bis in die Neuzeit