Varga Benedek szerk.: Orvostörténeti közlemények 147-148. (Budapest, 1994)
TANULMÁNYOK - ESSAYS - Kaiser, Wolfram: Das ungarische Medizinstudium des 18. Jh. an der Universität Halle
Einteilung, dann zeigt sich ein auffälliges Phänomen: der Zuzug kulminierte erst in der 3. Phase, d.h. in der Zeit des gewonnenen überregionalen Renommées in den Jahren zwischen 1730 und 1745. In dieser Periode wurde für den ungarischen Absolventen jene Peregrinatio medica überflüssig, die ihn vorher bevorzugt an die niederländischen Hochschulen geführt hatte, die institutionell über vieles verfügten, was man in Halle in der ersten Phase noch völlig und in der zweiten zumindest noch partiell vermißt hatte. Die Anfänge des ungarischen Medizinstudiums in Halle 1. Galt gemäß der Aussage sämtlicher Chronisten die Ordinariatsbesetzung der Academia Fridericiana in den einzelnen Fakultäten als vorzüglich, so durfte sich auch die Hochschulmedizin diese Attribut aneignen. Für die ihr konzedierten beiden Lehrstühle konnten mit Friedrich Hoffinann (1660-1742), der am Eröffnungstag der Universität 10 Medizinkandidaten graduierte, 26 und mit Georg Ernst Stahl (1659—1734) zwei renommierte Fachvertreter gewonnen werden 27 , die heute in der Geschichte der Medizin zusammen mit Hermann Boerhaave in Leiden das später so bezeichnete Fameux Triumvirat in der Heilkunde ihrer Zeit bilden. 28 Man kam nach Halle, um die Vorlesungen von Hoffmann und Stahl zu hören, die zudem beide bemüht waren, die Erkenntnisse der Medizin in ein System einzubringen. Hoffmann schuf ein mechanomorphes Denkmodell, das von der Vorstellung eines alle Körperfasern durchdringenden Nervenäther bestimmt und von einem hydraulischen Funktionsablauf getragen wurde. In der klinisch-therapeutischen Medizin systematisierte er die Konzeptionen von einer Hydround Balneotherapie, die sicherlich die Aufmerksamkeit seiner ungarischen Hörer gefunden hat, kamen sie doch teilweise aus Regionen, die mit als heilkräftig angesehenen Wassern geradezu gesegnet waren. Hoffmann war auch ein geschickter ,,Chymicus", aber das galt bevorzugt für den ein psychosomatisches Denkmodell vertretenden Georg Ernst Stahl; letzterer entwickelte eine Phlogiston-Tlteorie, die zur Grundlage erster gezielter Forschungen in der wissenschaftlichen und speziell der angewandten Chemie wurde. Bei ihren sonst so kontroversen Anschauungen über das Wesen der Heilkunst trafen Hoffmann und Stahl übrigens in einem Punkt zusammen: Hoffmanns therapeutischer Skeptizismus und Stahls grundsätzlich exspektative Haltung mündeten in ein Behandlungsmodell aus, das den vorsichtigen Umgang mit Medikamenten jedwelcher Art induzierte. Dem Hörer sollte jedenfalls viel Nützliches auf den späteren Berufsweg mitgegeben werden. 29 Der die Kollegs dieser beiden Großen der Medizin begleitenden Akklamation stand die Tatsache gegenüber, daß die institutionellen Gegebenheiten äußerst bescheiden waren. Ein Theatrum anatomicum gab es nicht, der Hortus medicus war mehr als dürftig, eine Experimentalchemie wurde nur selten gelesen, die Manualchirurgie galt als unakademisch. Vermißt wurde aber vor allem jene Praxisorientierung eines klinisch-poliklinischen Unterrichts, der inzwischen das niederländische Leiden zu einem Mekka des kontinentaleuropäischen Medizinstudiums gemacht hatte. So ist die auf knapp zweieinhalb Jahrzehnte anzusetzende hallesche Aufbauphase von vielen institutionellen Unzulänglichkeiten begleitet gewesen; wenn in den Jahren bis 1717/18 dennoch etwa 300 akademische Graduierungen über die Bühne gingen, dann ist das wohl ausschließlich dem Hoffmann—Stahlschen Kollegprogramm zu ver26 Dreyhaupt, J. Chr. : Beschreibung des Saal Creyses, Zweyter Theil, S. 16 (Halle 1755) 27 Kaiser, W. , u. Völker, A. : , ,Das Medizinstudium im 18. Jahrhundert. Zur 325. Wiederkehr des Geburtstages von Friedrich Hoffmann (1660—1742)" Z. gesamte Inn. Med. 40 (1985) S. 456—462; Rothschuh, K. E.: „Studien zu Friedrich Hoffman (1660—1742)" Sudhoffs Archiv 60 (1976) S. 163-193 u. 235—270; Gottlieb, B. J.: „Georg Ernst Stahl" Sudhoffs Klassiker der Medizin Bd. 36 (Leipzig 1961) 28 Smit, P.: „Wurzeln und Erbe des Werkes von Hermann Boerhaave" Wiss. B. Univ. Halle 1979/29 (T 31), H. 3. S. 5-9. 29 Völker, A.: „Bei Durchsicht der Stahlschen Disputationslisten" Wiss. B. Univ. Halle 1985/66 (E 73), S. 235—258; Kaiser, W.: „Medizinisch-klinische Lehr- und Ausbildungssysteme des 18. Jahrhunderts" Wiss. Z. Univ. Halle (Math.-naturw. R.) XXVII (1978), H. 1, S. 101—121