Varga Benedek szerk.: Orvostörténeti közlemények 147-148. (Budapest, 1994)

TANULMÁNYOK - ESSAYS - Kaiser, Wolfram: Das ungarische Medizinstudium des 18. Jh. an der Universität Halle

von William Osier (1848—1919), der von einer Minerva medica spricht, die in der Renaissance in Ita­lien und im Anschluß in Leiden bei Hermann Boerhaave (1668—1738) residiert habe, bevor sie dann Teilaufenthalte in London und in Wien wählt. 21 Sicherlich hat William Osler hier etwas summarisch klassifiziert, denn es fehlen in seiner Liste einige wichtige Zwischenstationen. Eine davon war ohne Zweifel Halle in der Gründungsepoche der Academia Fridericiana. Ein überregionaler Flor hielt bis in die sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts an und gab Anlaß, daß sich in dieser Zeit mehr als 60 Medi­ziner aus Ungarn hier ihren akademischen Grad — die Lizentiatur oder das Doktorat — holten. 22 Die Namen der meisten von ihnen wurden in chronologischer Reihe in der 1787 edierten Succinta Medico­rum Hungáriáé et Transilvaniae Biographia von István Weszprémi (1723—1799) kodifiziert, wobei der verdienstvolle ungarische Medizinhistoriker 23 zugleich die genauen Graduierungsdaten, die Titel der Dissertationen und die Hochschullehrer angab, unter deren Vorsitz die Amtshandlung vonstatten ging. Weszprémi wird die lnauguralschriften seiner Landsleute in den Händen gehabt haben. Eine Rückfrage bei der halleschen Universitätsadministration scheint nicht erfolgt zu sein, denn eine Differenzierung zwischen Lizentiatur und Doktorat wurde von ihm nicht vorgenommen. Unbeschadet dieser kleinen Einschränkung ist sein Standardwerk aber bis heute ein ungemein wichtiger Beitrag zur ungarischen Medizingeschichte geblieben. Seine bis auf die Gegenwart reichende Bedeutung zeigt sich u. a. auch in der Tatsache, daß die ursprünglich lateinischsprachige Edition in den sechziger Jahren unseres Jahr­hunderts durch eine lateinisch —ungarische Version ergänzt wurde. Aus den Dokumentationen von Weszprémi ist unschwer die Spitzenstellung der Universität Halle hinsichtlich der ungarischen Graduierungen herauszulesen. Legt man deren Eckdaten zugrunde (von der Universitätseröffnung bis zum Jahre 1769), dann umfaßt diese innerdeutsche Spitzenposition den Zeitraum von 75 Jahren und damit eine Phase, die sich nach den Entwicklungsstadien der halleschen Ars medica wie folgt gliedern läßt: (1) die Aufbauphase etwa bis 1717/18 (2) die Phase institutioneller Komplettierungen etwa bis 1730 (3) die Zeit des größten überregionalen Renommées etwa bis 1745 (4) der Ausklang unter wachsendem Konkurrenzdruck etwa bis 1769. In diesen 75 Jahren rangierte Halle hinsichtlich der Zahl der ungarischen Doktoranden und Lizentia­ten klar vor der sächsischen Universität Jena (mit etwa 25 Promotionen) und noch deutlicher vor dem kursächsischen Wittenberg (mit 10 Promotionen). 24 Selbst die 1735 mit ihrem Graduierungsprogramm beginnende und alsbald weithin renommierte königlich-großbritannische Georgia Augusta in Göttin­gen, die zum Zeitpunkt der Niederschriften von Weszprémi immerhin schon fast ein Halbjahrhundert bestand, hinkt mit nur 7 ungarischen Titel Verleihungen 25 ebenso nach wie die Universität Altdorf mit ihren 6 ungarischen Doktoranden. So bietet sich die Frage an, wie und warum es Halle binnen kurzem gelingen konnte, für die angehenden ungarischen Mediziner zum Studienziel der Wahl zu werden. Bei Berücksichtigung der ungarischen Sondersituation und der geschilderten halleschen Förderungsmaß­nahmen ist hierin sicher einer der Gründe zu suchen. Gliedert man aber die Zeit des ungarischen Mediziner-Zuzugs gemäß der personellen und institutionellen Entwicklung in Form der Vier-Stadien­21 Steudel, J. : ,,Der deutsche Einfluß auf die amerikanische Medizin" in: Festschrift für Werner Leibbrand zum 70. Geburtstag S. 159—169 (Mannheim 1967) 22 Kaiser, W., u. Völker, A.: ,,Hungarica medica des 18. Jahrhunderts in den Bestäenden des halleschen Universi­tätsarchivs" Wiss. B. Univ. Halle 1981/38 (T 40) (Halle 1981) 23 Antall, J.: „Der Medizinhistoriker István Weszprémi (1723—1799)" Wiss. B. Univ. Halle 1988/40 (T 68), S. 74-76. 24 Kaiser, W„ u. Völker, A.: „Ars medica Vitebergensis 1502—1817" Wiss. B. Univ. Halle 1980/9 (T 34) (Halle 1980) 25 Tröhler, U. : Vom Medizinstudenten zum Doktor. Die Göttinger Medizinischen Promotionen im 18. Jahrhundert (Göttingen 1993)

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