Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)
SAAL 11. Reformen in Ungarn in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Katalin Körmöczi)
Spruchs, als er in den 1830er Jahren als gesellschaftliche Basis der Reformzeit die Rolle des „dritten Standes" übernahm. Er trat in der Habsburgermonarchie als Opposition neuen Typs gegen den von Kanzler Metternich vertretenen feudal strukturierten Absolutismus für die Modernisierung der Gesellschaft und die innere nationale Selbständigkeit ein. Infolge des Wirtschaftsaufschwunges durch die Napoleonischen Kriege und des Ideensystems des Liberalismus gestaltete sich das Denken des wirtschaftenden, handeltreibenden, politisierenden und sich kulturell entwickelnden Gcmeinadels um; die Gegensätze zwischen dem nationalen Traditionssystem und der Fremdenfeindlichkeit auf der einen und der Modernisierung und dem Europäertum auf der anderen Seite milderten sich. Auf dem Landtag der Jahre 18251827 wurde nicht nur ständische Gravaminalpolitik betrieben, sondern nach den auch die Aufklärungstraditionen vertretenden großen Persönlichkeiten - wie Graf István Széchenyi oder Ferenc Kazinczy - entfaltete sich unter Führung des Gemeinadels eine auf die Ideen der europäischen Aufklärung und des Liberalismus gestützte, den ständischen Nationalismus überschreitende und bürgerliche Reformen fordernde neue politische Bewegung. Grundthesen der Modernisierung und selbständigen Nationswerdung waren der Interessenausgleich - vom Leibeigenen bis zum Grundherrn - und ein liberaler und aufnahmebereiter Nationsbegriff. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren aus der am Ende des vorangegangenen Jahrhunderts einsetzenden wissenschaftlichen und literarischen Muttersprachlichkeit eine starke Nationalkultur und ein wachsendes Nationalbewußtsein entstanden. Nach mittelalterlichen und späteren Vorereignissen im 17. Jahrhundert bildete sich in diesen Jahrzehnten die Verwendung der ungarischen Nationalfarben rot-weiß-grün, der ungarischen Trikolore, heraus. Erstmals waren diese drei Farben 1608 bei der Krönung Matthias' II. als Symbol der nationalen Identität verwendet worden. Franz I. regelte 1806 den offiziellen Farben- und Wappengebrauch des Österreichischen Kaiserreiches und legte rot-weiß-grün als offizielle Farben des Königreichs Ungarn fest; gesetzlich sanktioniert wurden sie erstmals durch Gesetz Nr. XXI /1848, das erste ungarische nationale Farben- und Wappengesetz. DER WIENER HOF - DIE MACHT Verbürgerlichung, Nationswerdung und staatliche Selbständigkeit - die den Epochenwechsel signalisierenden Bedürfnisse und Bestrebungen - standen im Gegensatz zu den Idealen der Heiligen Allianz, zu den Interessen des den Titel Kaiser von Österreich führenden Kaisers und ungarischen Königs Franz I. und damit zum die neue Reichsaußen- und -innenpolitik gestaltenden und lenkenden Staatskanzler L. Clemens Fürst Metternich (1773-1859). Der Kanzler war ein Anhänger der Erhaltung der europäischen Ordnung und Unbeweglichkeit und erblickte die Garantie der Großmachtstellung Österreichs gerade in der Beseitigung des oppositionellen ungarischen Landtages, der Steuerfreiheit des Adels und der die ständischen Rechte sichernden ungarischen Adelsverfassung. Das Gewicht und Ansehen der Macht symbolisieren der gewaltige Schreibtisch Reichskanzler Metternichs und darüber das Portrait des ungarischen und böhmischen Königs Franz I. (1792-1835), unter