Körmöczi Katalin szerk.: Führer durch die historische Ausstellung des Ungarischen Nationalmuseums 3 - Vom Ende der Türkenkriege bis zur Millenniumsfeier - Die Geschichte Ungrans im 18.-19. Jahrhundert (Budapest, 1997)

SAAL 10. Ungarn im 18. Jahrhundert (Gábor Németh - Eszter Aczél)

katholischen Kirche war Ungarn von re­ligiöser Vielfalt gekennzeichnet. In die­sem Land mit seinen vielen Nationalitä­ten war in der ungarischen Bevölkerung die reformierte Kirche unter den prote­stantischen Kirchen die größte, sie unter­hielt traditionsreiche Schulen. Die von Karl III. 1731 unter Umgehung des Landtages veröffentlichte, nach ihm benannte Re­ligionsverordnung (Carolina Resolutio) zwang die Protestanten in eine unterge­ordnete Stellung, beschränkte ihre Reli­gionsausübung und knüpfte die Ämter­übernahme an die Ablegung eines katho­lischen Eides. Die reformierte Kirche wird durch den Brotverteilteller, die in un­garischen und ausländischen Werkstätten gefertigten Becher vom Herrentisch und den Abendmahlspokal vertreten. Unbedingt erwähnt werden muß unter den protestantischen Konfessionen die evan­gelische oder lutherische Kirche, die vor allem im Kreise der deutschstämmigen Stadtbevölkerung blühte. In Siebenbür­gen spielte die unitarische Kirche eine bedeutende Rolle. Die serbische, südslawische und rumäni­sche Bevölkerung gehörte zur griechisch­orthodoxen Konfession, welche die Ober­hoheit Roms nicht anerkannte. Die für sie charakteristischen Denkmäler sind die in Silberfiligran gefaßten, diffizil geschnitz­ten Buchsbaum-, die sog. Athos-Kreuze. Die Artophorien dienten in der Zeremo­nialordnung zur Aufbewahrung des bei der Kommunion verwendeten geweihten Brotes. Seit dem 18. Jahrhundert erhält die aus der orthodoxen Kirche ausschei­dende, sich der katholischen Kirche an­schließende griechisch-katholische (uniier­te) Konfession zunehmende Bedeutung. Die sich mit Handel und Gewerbe befas­sende jüdische Bevölkerung siedelte sich in den Städten und Handelszentren an. An Festtagen und bei den Sabbatzeremo­nien wurden die Thorarollen durch Thora­beschläge und Spitzenzierden, die sog. Ri­monpaare, verziert. Die ausgestellten jü­dischen sakralen Gegenstände sind schö­ne Erzeugnisse der ungarischen barocken Goldschmiedekunst. DIE LAGE DER BAUERNSCHAFT Ungarn blieb im 18. Jahrhundert ein Ag­rarland. Die dominierende Mehrheit der Bevölkerung stellte die in Leibeigenen­abhängigkeit befindliche Bauernschaft, die in den Dörfern und den auf einer et­was höheren Stufe der Freiheit stehenden Marktflecken lebte. Zur Wiederbesiede­lung der nach der Türkenzeit entvölkerten Gebiete begann neben den spontanen Volkswanderungen seit den 1720er Jahren eine amtlich organisierte zentrale und grundherrliche Ansiedlung. Maria There­sia richtete 1766 eine gesonderte Sied­lungskommission ein. In erster Linie tra­fen schwäbische Einwanderer ein. Infolge des natürlichen Bevölkerungszuwachses und der Ansiedlungen erreichte die Bevöl­kerung Ungarns um 1784 die Zahl von 9,3 Millionen, wobei sich die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung wei­ter veränderte. Das ungarische Element war besonders in der Landesmitte be­stimmend, ihm folgten im Südosten die rumänische, im Norden die slowakische, im Süden die serbische, im Südwesten die kroatische und - infolge der Ansiedler und der traditionell städtischen Bevölke­rung - überall verstreut die sächsische und schwäbische Bevölkerung. Den Ansied­lern wurden Steuer- und anderweitige Ver­günstigungen gewährt.

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