Kemenczei Tibor: Studien zu den denkmälern skythisch geprägter alföld gruppe (Inventarta Praehistorica Hungariae 12; Budapest, 2009)

Der Fundstoff - Denkmäler der skythischen Tierstilkunst

Auch die Goldkette von Zöldhalompuszta hat meh­rere Parallelen im Fundstoff der Steppe. Aus gedreh­ten Goldfaden geflochtene Ketten kommen u.a. im Goldfund vom nordiranischen Ziwiye aus dem 8. Jh. v. Chr., 492 sowie in einer Reihe der skythischen Funde aus dem 6.-5. Jh. v. Chr. im Kuban- und Dnjeprge­biet 493 vor. In Mitteleuropa befindet sich ein derar­tiges Schmuckstück im Goldfund von Vettersfelde. 494 Die Löwen-, Fischfiguren gehören der Kette ähnlich zum Formenschatz der skythischen Goldschmiede­kunst, der letzten Endes einen vorderasiatischen Ur­sprung und eine sehr lange Laufzeit hatte. Auf Grund der erörterten Funde weisen beide gol­denen Hirsche von der Ungarischen Tiefebene die engste Verwandtschaft in der Form und Verzierung mit Goldschmiedearbeiten vom Kubangebiet auf, die im iranisch - skythischen Stil geformt wurden, und die aus der zweiten Hälfte des 7., aus dem 6. Jh. v. Chr. stammen. Auf Bestellung der skythischen Elite wurden die Tierfiguren darstellenden frühen Gold­schmiedearbeiten durch die Verwendung der Elemen­te diesen Stils angefertigt, zu denen auch die Exem­plare von der Tiefebene gezählt werden können. Sie wurden in den Goldschmiedewerkstätten der nördlich, nordwestlich am Schwarzen Meer gelegenen griechi­schen Kolonialstädte (Histria, Olbia / Berezan) her­gestellt. Beide Meisterwerke der Goldschmiedekunst von der Tiefebene spiegeln nicht nur die Kunst der Step­pen, sondern auch ihre Geistigkeit wider. Die noma­dischen Künstler der eurasischen Steppe verewigten den vom Boden aufgesprungenen, sprengenden, flie­genden Hirsch mit untergeschlagenen Beinen in den Darstellungen genauso, wie die Hirschfigur von Tá­piószentmárton. Die zusammengestürzte, rückwärts­blickende Hirschfigur von Zöldhalompuszta wurde auf Grund des Pressmodells von Garcinovo ur­sprünglich als Detail einer Tierkampfszene gefertigt. Die Darstellung auf dem Pressmodell von Garcinovo zeigt, wie ein Löwengreif und ein Raubvogel den ge­sunkenen Hirsch anfallen. Der Tierkampf bedeutet in der Glaubenswelt der Steppenvölker den Kampf der Schamanen, der Urahnen in Tiergestalt. Die Darstellungen der mythischen Tierfigur der Skythen kommen in der Ungarischen Tiefebene als am weitesten im Westen zum Vorschein gekommenen Exemplare, die belegen, dass die Glaubenswelt, die ihrer Schöpfung die geistige Quelle, den geistigen Grund bildete, auch im Kreis der skythenzeitlichen Bevölkerung der Tiefebene anwesend war und ihre Wirkung ausübte. Stangenaufsätze und Rasseln mit Tierfigur Die andere bedeutende Gegenstandsgruppe der skythischen Tierstilkunst hat sogar mehrere Fundorte im Karpatenbecken. Die Fundorte liegen in drei Re­gionen. Die Mehrzahl befindet sich in der Tiefebene und im nördlichen Gebirgsland (Aszód: Taf. 144, 2, Balassagyarmat: Taf. 145, 1, Gyöngyös: Taf. 148, 1-6, Nagytarcsa: Taf. 164, 1-3, Somhid - Nädab: Taf. 56, 1, Szurdokpüspöki: Taf. 178, 1), sowie es gibt eine Fundstelle in Transdanubien (Mihályfa) 495 und zwei in Siebenbürgen. 496 K. Bakay veröffentlichte im Jahre 1971 anhand der Bearbeitung des 1964 in Nagytarcsa gefundenen Op­ferfundkomplexes eine umfassende Analyse über die skythischen Stangenaufsätze im Karpatenbecken, über ihre östlichen Beziehungen. Im Fundstoff befinden sich drei Bronzerasseln, acht bronzene Glöckchen und vier Eisentrensen. Oben auf den Bronzerasseln stehen kleine Hirschfiguren. Im Inneren der Figuren sind Eisenkügelchen, die zur Tongebung dienen. Auf dem unteren Teil der Rassel gibt es eine Tülle, in die 'Fülle wurde eine Elolzstange gesteckt, und mit Hilfe deren ließ man die Rassel ertönen. Der Meinung von K. Bakay nach waren diese Gegenstände Musikinstru­mente, durch deren Ertönung die Ekstase des Schama­nen erhöht wurde. Er datierte diese Stücke auf das Ende des 6. - auf das erste Drittel des 5. Jh. v. Chr. 497 Im Jahre 1979 veröffentlichte R. Rolle das Ver­zeichnis und die Beschreibung der im Steppengebiet gefundenen Stangenaufsätze. 498 Im Gegensatz zur Meinung von K. Bakay war er der Meinung, dass die ursprüngliche Funktion der Stangenaufsätze nicht zu bestimmen ist, dass sie wahrscheinlich zu mehreren Zwecken gebraucht wurden (z.B.: als Wagenschmuck, Aufsätze für Zeltstangen, Prozessionsstandarte). E. V. Perevodcikova erörterte in ihrem 1980 erschienenen Aufsatz über die Typologie der skythischen Stangen­aufsätze auch die Fundstücke des Kaipatenbecken. Sie zählte die Funde von Somhid (Nädab), von Gernye­szeg (Gornesti) zum Typ 7, während die Stangenauf­sätze von Gyöngyös, Nagytarcsa sowie von Szurdok­püspöki und Mihályfa von ihr zum Typ 9 gezählt wur­den. Dabei bemerkte sie, dass ein Parallelstück des Exemplares von Mihályfa aus der Starsaja Mogila in 492 493 494 495 SULIMIRSKI 1978, 30-31. KOVALEV / POLIN 1991, 36. Abb. 2. FURTWÄNGLER 1883, Taf. 2 DARNYAY 1901, 369. 496 497 498 Gernyeszeg [Gornesti]: HAMPEL 1893, 405-406; un­bekannte Fundstelle: PÂRVAN 1926, 21-25. BAKAY 1971, 91. ROLLE 1979, 118.

Next

/
Oldalképek
Tartalom