Patay Pál: Kupfzerzeitleiche Siedlung von Tiszalúc. (Inventaria Praehistorica Hungariae 11; Budapest, 2005)
6. Die Siedlung von Tiszaluc in Raum und Zeit - 6.5. Der Scheibenhenkel
wahrscheinlich auch mit einer Veränderung im Bereich des Kupferhandwerkes einherging, nämlich mit dem Ende der Herstellung von "Großgeräten". Neuerdings wurde vorgebracht, daß in der westlichen Hälfte des Karpatenbeckens der Furchenstich-Keramik und in der östlichen der Hunyadi halom-Kultur eine Protobolerazer Kultur gefolgt sei. Ihre Hinterlassenschaft bilde nach Kalicz ein Teil der von ihm früher zur Balaton DT-Kultur gerechneten Funde, unter anderem auch das aus der Sicht der Hunyadi halom-Kultur beachtenswerte und oben behandelte Fundmaterial von Mözs. (Der andere Teil gehöre zur Furchenstich-Keramik, also zur früher Balaton II genannten Kultur.) Aber ebenso zur Protobolerazer Kultur sei das Fundmaterial der Tiefeben zu rechnen, das einige Forscher mit der Cernavoda III-Kultur verbanden (z. B. Kétegyháza, Mezőberény-Békési ut 614)615 Der fragliche Krug von Mözs gehört aber unzweifelhaft zu einem für die Hunyadi halom-Kultur sehr charakteristischen Gefäßtyp. Wenn also der Fundkomplex, dessen Teil er bildet, die Hinterlassenschaft der Protobolerazer Kultur ist, müßte die Hunyadi halom-Kultur mit letzterer zeitgleich sein, was wiederum der oben erwähnten chronologischen Lage der Protobolerazer Kultur widerspräche, die im ganzen Karpatenbecken die Hochkupferzeit ablöste. Die bisher noch geringe Zahl diesbezüglicher Funde läßt die Klärung dieser Frage und zugleich des Verhältnisses der Hunyadi halom- und der dieser folgenden Bolerazer (oder Protobolerazer) Kultur zu einer Aufgabe künftiger Forschung werden. 6.5. DER SCHEIBENHENKEL Im Zusammenhang mit den Tiszafüreder Funden der Hunyadi halom-Kultur betonte Kalicz, "die auffallendste Eigenartigkeit ... ist die Häufigkeit der sog. Scheibenhenkel. Solche Henkel sind im Vergleich zu den anderen die auffallendsten Bestimmungsmerkmale der Hunyadi-halom Gruppe." 616 Diese Feststellung stützt das Tiszalúcer Material in vollem Maße, denn die hiesigen Gefäßhenkel haben zu 44,6 % Scheiben. Es überrascht also nicht, daß der Scheibenhenkel nicht nur Kutzián als Basis der Untersuchung der Fragen der hochkupferzeitlichen Chronologie diente; 617 aus ähnlichen Gründen wurden auch andere Forscher auf ihn aufmerksam. Bewogen von einem einzigen zur Furchenstichkeramik gehörenden Bruchstück mit Scheibenhenkel hat sich Ruttkay mehrfach ausführlich mit deren Problemen beschäftigt, wobei sie betonte, "... bedeuten sie heute ein horizontbildendes Element". Ausgehend davon stellte sie aufgrund einiger österreichischer, mährischer und sogar sächsischer Vorkommen die Gleichzeitigkeit der hochkupferzeitlichen Kulturen dieser Gebiete und des Karpatenbeckens, d. h. der Baalberger, Furchenstichkeramik- (Balaton II-III) und Hunyadi halom-Kultur (einschließlich der in der Literatur als Herculane-, Vajska- und Laznanyfungierenden Gruppen) fest. 618 Novotny und Novak nannten im Zusammenhang zweier Scheibenhenkel mit senkrechter Öffnung von Suchá nad Parnou ebenfalls die sporadischen westlichen Vorkommen, 619 erwähnten aber auch ein Vorkommen in Polen. 620 Raczky analysierte die südbalkanischen Vorkommen und wies darauf hin, daß es Scheibenhenkel in Thessalien in der Rachmani-Kultur und in Griechenland in der FN-EH Ii-Periode gibt, wo aber auch spezifische Nachahmungen des echten Scheibenhenkels vorkommen. Deshalb ist seiner Ansicht nach die Hunyadi halom-Kultur mit Rachmani Abschnitt II zeitgleich. Er weist aber auch darauf hin, daß Scheibenhenkel auf den Inseln der Ägäis und sogar in Nordanatolien (z. B. Trója I) zu finden sind. 621 Auch Horváth hat sich mit den Scheibenhenkeln beschäftigt. Er ging auf die Vorkommen im Karpatenbecken ein, zählte dann die aus den Gebieten westlich davon auf, sowohl auf dem Balkan als auch in der Ägäis, und sogar jene, die von den oben genannten Autoren nicht aufgeführt worden waren. 622 Er betonte, daß der Scheibenhenkel - was im übrigen niemand bezweifelt hatte - nicht nur in einer, sondern in mehreren Perioden vorhanden war. 623 Da er an der Stimmigkeit der von Kutzián bestimmten inneren Chronologie der Bodrogkeresztúr-Kultur zweifelte und außerdem - gewiß aufgrund Romans ursprünglicher Überlegung - Säleuta IV und die Hunyadi halom-Kultur nicht für zeitgleich, nicht für einen zeitbestimmenden Horizont, den Anfang von Säleuta IV 614 615 616 617 618 ECSEDY 1973, 6 ff.; ECSEDY 1982, 82 KALICZ 1991, 375 ff., Abb. 17 KALICZ 1980a. 47, 59-60 B.-KUTZIÁN 1972, 201 RUTTKAY 1985,141 ff. 619 620 621 No VOTNY—NOVAK 1987,135 NOVOTNY-NOVÁK 1987,132 f. RACZKY 1988, 37 f., 48, Abb. 37 (chronologische Tab.) FÖ2 HORVÁTH L. 1994,93 ff. '" HORVÁTH L. 1994,95, 100 623