Patay Pál: Kupfzerzeitleiche Siedlung von Tiszalúc. (Inventaria Praehistorica Hungariae 11; Budapest, 2005)

5. Kunst

5. KUNST In Kenntnis des Fundmaterials kann festgestellt wer­den, daß die Bewohner der Siedlung von Tiszalúc keine besonderen ästhetischen Ansprüche gehabt ha­ben. Die Töpfer waren bei der Verzierung der Gefäße recht sparsam; die Elemente, welche sie verwendeten - wie Leisten, Warzen, Blasen, Kanneluren oder seltener eingeritze Linienverzierungen - hatten im all­gemeinen sehr geringe künstlerische Wirkung. Gegenstände mit ausgesprochen kultischem Zweck (z. B. Idole), mit denen die urzeitlichen Menschen ihre künstlerischen Ansprüche vor allem zum Ausdruck brachten, wurden in Tiszalúc verglichen mit dem Fundmaterial neolithischer Siedlungen gleichfalls in geringer Zahl gefunden. Von derartigen plastisch figu­ralen Gegenständen verdienen vor allem die - leider unvollständig gefundenen - anthropomorphen Griffe zweier Gefäßdeckel Beachtung. Das eine Fragment ist eine recht einfache, schablonenhafte Darstellung. Leider fehlt der Oberteil des Rumpfes. Der Körper der Gestalt war ein ein­facher Zylinder, der anthropomorphe Charakter wird nur durch den Ansatz der Beine und auf der Gegen­seite die Wölbung des Hinterns angegeben. Er brach so vom Gefaßdeckel ab, daß auch die Füße nicht mehr erhalten sind. Im übrigen ist der Griff - wie im allge­meinen - durchbohrt und ist gerade an der Bohrstelle abgebrochen (Taf. 29.2). Viel naturalistischer ist das andere Fragment gestal­tet. Auch bei ihm fehlt der Oberteil des Körpers von der Hüfte aufwärts. Die nachdrücklich bezeichnete Vulva zeugt davon, daß es sich um eine Frauendarstel­lung handelt. Die Hände sind am Rumpf nicht zu se­hen, so daß die Arme wahrscheinlich - wie bei einem ähnlichen Grifffragment von Tiszafüred 376 - auf der Brust gekreuzt waren. Die Beine sind reliefartig dargestellt: interessanterweise von vom und von hin­ten gesondert. Die Zehen wurden durch eingeritzte Linien betont (Taf . 29.1). Fast das Pendant dieses Griffes fand sich in Tiszafüred, ebenso in der Siedlungsfundstelle der 376 KALICZ 1980a, 52, Abb. 6.1, Abb. 7.1a-c; PATAY 1989, 42, Taf. 4, Taf. 5.1a-b Hunyadi halom-Kultur - leider auch dort nur der un­tere Teil bis zur Körpermitte. Auch wenn er sich in Details und der Bearbeitung auch etwas vom Tiszalúcer Exemplar unterscheidet, ist die Konzeption völlig gleich. Es wurde ebenfalls eine Frau darge­stellt. 377 Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir die hochgradige Ähnlichkeit beider Griffe nicht als Werk des Zufalls betrachten. Die Fundorte Tiszalúc und Tiszafüred liegen relativ nahe beieinander, nur etwa 50 km Luftlinie. Deshalb kann wohl die Hypothese gewagt werden, daß, selbst wenn die beiden Deckel auch nicht derselbe Töpfer verfertigte, die Idee vonei­nander übernommen oder ein in dieser Theißgegend allgemein akzeptierter Idoltyp verewigt wurde. Auf Gefäßdeckeln finden sich auch Tierdarstellun­gen. Nicht der Griff selbst wurde als Tiergestalt ge­formt, sondern nur seine Spitze. Auf einem säulenar­tigen Griff ist ein recht vergröberter Tierkopf zu erkennen (Taf. 27.5, Taf. 55.3) und auf einem zylind­rischen zwei voneinander abgewendete (Taf. 26.11, Taf. 55.2). (An beiden Exemplaren sind Nase und Ohren stark beschädigt.) Ebenfalls in einem Tierkopf endet ein weniger sorgfältig gearbeitetes Exemplar (Taf. 27.16). Schließlich sitzt auf einem vierten Griff ein kleiner Vogel. Die Ausführung seines Körpers er­innert sehr an die Scheibenform der Scheibenhenkel mit Grat (Taf. 27.6, Taf. 55.1). Bei der Übersicht der Gefäßdeckel ist zu beo­bachten, daß diese die Töpfer gemessen an den übrigen Gefäßtypen dekorativer gestalteten. So ver­wendeten sie bei den kegelstumpfförmigen auch swas­tika-artige bzw. turbinemadähnliche Leistenverzie­rung (Taf. 26.6-7, Taf. 28.5) und gestalteten die Griffe der Typen mit Griff besonders abwechslungsreich (z.B. Taf. 27.1-16). Im Zusammenhang mit den anthropo- und zoomor­phen Deckeln ist mit Recht anzunehmen, daß sie ­natürlich gemeinsam mit den von ihnen bedeckten Ge­fäßen und deren einstigem Inhalt - ebenfalls eine kul­377 KALICZ 1980a, 52 ff., Abb. 6.2, Abb. 7.2a-c; PATAY 1989, 42, Taf. 5.2a-b

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