Horváth A. László, Simon H. Katalin: Das Neolithikum und die Kupfzereit in Südwestdanubien. (Inventaria Praehistorica Hungariae 9; Budapest, 2003)
5. Das Neolithikum - 5.3. Das späte Neolithikum
Östlich der Donau sind dagegen die kleinen, rechteckigen Häuser bekannt, die eine Ähnlichkeit mit den in der Theiß-Kultur auftretenden balkanischen Typen aufweisen. 272 Spätestens in der Lengyel I-Phase taucht die neue Überdachungsart der Bauten auf, die dieses Problem ohne die für die Linienbandkeramik so charakteristischen inneren Stützpfosten löste. 273 Die bekannt gewordenen Baubefunde beweisen die Existenz von auf der Oberfläche errichteten Häusern mit aufgehenden Wänden und Pfostenkonstruktion eindeutig. Uber die genaue Form berichten die aus Ausgrabungen stammenden Hausmodelle. 274 Großausgedehnte Siedlungen mit einer 10-25 ha großen Fläche werden in Verbindung mit der Lengyel-Kultur oft erwähnt. Solche sind aus Ungarn, Österreich und aus der Slowakei bekannt. 2 " Unsere Erfahrungen, die wir im Laufe der Geländebegehungen erwarben, bestätigten diese Angaben. Hier trafen wir also in Verbindung mit der Ausdehnung der Fundorte auf das gleiche Problem wie bei der Theiß-Kultur. Die 10 ha großen Wohnstellen können in unserem Untersuchungsgebiet eher als in Gruppen angeordnete Siedlungskerne aufgefaßt werden, wie es in Zalaszentgröt-Tekenye, Pacsa, Pökaszepetk-Belső-mező und Bezeréd der Fall war. Einen besonderen Typ der Bauten des LengyelKreises vertreten die Kreisgrabenanlagen in Mitteleuropa. 276 Sie treten plötzlich und massiert in der frühesten (Ia) Phase der Lengyel- und der Mährischen Bemalten Keramik-CMBK^Kultur 77 in Mähren, 278 in der Slowakei, 274 in Böhmen, 280 in Österreich, 281 in Südostbayern 282 und auch in Südosttransdanubien 283 auf. Die riesigen Bauten, die immer in der unmittelbaren Nähe oder innerhalb der Lengyel-Siedlungen zu finden sind, können aus ein bis drei, konzentrisch angeordneten Kreisgräben bestehen, deren Durchmesser von 60 bis 150 m beträgt. Zu diesen Bauten gehörten noch eine oder mehrere Palisaden, die innerhalb der Gräben standen. Sie hatten vier bis acht Eingänge, die symmetrisch und grob nach den Haupthimmelsrichtungen orientiert wurden. Ihre astronomische Deutung ist jedoch nicht beweisbar. Überraschenderweise fand man in dem Inneren dieser Bauten, abgesehen von einigen kleineren Gruben oder Pfostenlöchern, 281 praktisch keine Befunde, was die Deutung der erwähnten Anlagen erschwert. Doch sind die meisten Forscher der Ansicht, daß die mitteleuropäischen Kreisgrabenanlagen einen Repräsentationscharakter hatten, und als solche Plätze der Kultausübung und des Gemeinschaftslebens waren. 285 Die riesigen Erdarbeiten beanspruchten eine hohe Koordination der Arbeitskräfte, darum konnten solche Anlagen nur mit einem hohen Organisationsgrad der Gesellschaft errichtet werden. Die bisher am weitesten östlich entfernt liegende Anlage dieses Typs wurde um die, auf dem nördlichen Teil der Ungarischen Tiefebene liegende Siedlung von Polgár-Csőszhalom gefunden. Der äußere Durchmesser dieses, mit einem fünfmaligen Kreisgraben umgebenen Bauwerkes beträgt 180-190 m. Der große Unterschied besteht darin, daß es sich in Polgár um eine Teil-Siedlung handelte, während die Kreisgrabenanlagen der Lengyel-Kultur einen praktisch leeren Raum umgaben. Die Funde der vier Siedlungsschichten und der acht Bauphasen weisen hier einen eigentümlichen, gemischten Charakter auf. Sie enthalten formell die kennzeichnenden Typen der Herpály- und der Lengyel-Kultur in einem eigenartigen Fundverband. In Bezug auf die Bauten dieser Fundstelle vermutet der Ausgräber P. Raczky ähnlich den Anlagen der Lengyel-Kultur einen sozialen, sakralen Zweck. 286 Die erwähnten Kreisgrabenanlagen unterscheiden die Forscher von den die Wohnsiedlungen umgebenden Gräben, die einen wirklichen Wehrcharakter hatten. Solche Bauten sind schon —in verschiedenen Formen —aus dem Frühneolithikum in verschiedenen Kulturen bekannt, in der Lengyel-Zeit treten sie nur ab der Ib-Periode der Mährisch-Ostösterreichischen Gruppe (MOG), also später als die sakralen Kreisgräben, auf. 287 Auch in 272 KALICZ 1985a, 15-16, 97. 273 PAVÚK 1986a, 216; PAVÚK 1986b, 216. 274 KALICZ 1976a; KALICZ 1985a, 19; NEUCEBAUER-MARESCH 1995, 92 und Abb. 42. 4. 275 KALICZ 1985a, 14; NEUCEBAUER 1983-84,175; BUJNA-ROMSAUER 1986, 28; NEMEJCOVÁ-PAVÚKOVÁ 1986a, 180. 276 Zusammenfassend s. TRNKA 1994 (für Österreich); ZALAIGAÁL 1990a und 1990b (für Ungarn). 277 TRNKA 1994, 236. 278 KAZDOVÁ et al. 1994,132-133; BÁLEK-HASEK 1986; KOVÁRNÍK 1986. 279 NEMEJCOVÁ-PAVÚKOVÁ 1986a, 178. 280 PAVLÛ 1986; ZÁI-OTOCKÁ 1986, 268. 281 NEUGEBAUER 1983-84; NEUCEBAUER 1986, 192; NEUGEBAUERMARESCH 1983-84; NEUCEBAUER-MARESCH 1986, 195; NEUCEBAUER-MARESCH 1995, 81; URBAN 1983-84. 282 PETR ASCII 1986. 283 ZALAI-GAÁL 1990a; ZALAI-GAAI. 1990b; ZALAI-GAAL 1994. 281 NÉMEICOVÁ-PAVÚKOVÁ 1986a, 178. 285 NEUCEBAUER 1986, 192; NEUCEBAUER-MARESCH 1995, 81, 87; ZÁPOTOCKÁ 1986, 268. 286 RACZKY et al. 1994, 231-234. 287 TRNKA 1994, 231; NEUCEBAUER 1986, 192; NEUCEBAUERMARESCH 1995, 81, 90.