Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)

KATALOG - MONSTRANZEN

der Mitte, an beiden Seiten je drei sich nach außen ringelnde Blättchen. Lunula und Glasscheiben sind nicht vorhanden. Darüber ein kleiner Ring mit vier Löchern wie auf dem Nodus, dann ein nach oben auskragender runder Kapellenkranz, unten mit durchbrochenen gotischen Doppelfenstern, darüber mit Rosettenfenstern; auf ihm sitzt der sechseckige Turm auf. An den Kanten zwischen den Fenstern stehen Fialen. Die Kanten des pyramidenförmigen Deckels sind gerippt, ganz oben fehlt die einstige Zier, vermutlich ein Kruzifix. An Turm und Kapel­lenkranz lehnen sich von beiden Seiten zwei wuch­tige Stützpfeiler, in deren Nischen vier gleiche Sta­tuetten stehen: Maria mit dem Kind. Literatur: Ausstellung 1930,81, Nr. 328; H. KOLBA­T. NÉMETH 1973, 35, Abb. 17; MM 1987,1, 642; II, 483, Nr. 1512 96. MONSTRANZ 96a-b 1937.4. Szendrő, röm.-kath. Pfarramt. 1. Hälfte 15. Jh. H: 65 cm; F-Dm: 14,3 cm Erwerb: Geschenk des Kultusministeriums, Kauf­preis 25.000 Pengő. Aktennr.: 49/1937 Silber, vergoldet, getrieben, graviert, gegossen. Der Sechspassfuß steht auf einer geraden Basis, darüber eine durchbrochene, geometrisch verzierte Fußkante. Auf der Wölbung des Fußes in den sechs Pässen gra­vierte Bilder von Heiligen in glatten Bandrahmen. Auf schraffiertem Grund: 1. Die hl. Jungfrau mit Kind, eines der schönsten Beispiele der sog. späten Ma­donnen. Maria trägt eine Krone. 2. St. Barbara, in reich gefälteltem Kleid, ein graziler Turm in ihrer Rechten, an ihrem Fuß wuchernde Pflanzen. 3. Der auferstandene Christus, auf seine Seitenwunde zei­gend, in weitem Tuch, rechts neben ihm ein kniender Engel mit Kelch, links ein Blumenstrauß. 4. St. La­dislaus, höchst charakteristisch dargestellt: im Pan­zer mit Krone, die Streitaxt in seiner Rechten und in der Linken einen Wappenschild mit viergeteiltem Wappen, zweimal Felder mit den Anjou-Lilien, zwei­mal das gestreifte Feld des Arpadenhauses. Dieses Wappen lässt auf ein früheres, d. h. anjouzeitliches, St. Ladislaus-Musterbild folgern. 5. St. Johannes der Evangelist, in der Rechten ein Kelch mit Schlange, in der Linken ein Palmzweig. 6. St. Margarete von Antiochien, gekrönt, in weitem, prachtvollem Kleid, an der linken Schulter ein kleiner Drache. Die Heili­gen auf den gravierten Bildern tragen die charakteri­stische Tracht der Zeit, weite, gefältelte Mäntel und Kleider, und ihre Attribute in den Händen, die Köpfe sind vom Heiligenschein umgeben. Oben auf den sich verengenden Fußpässen kleine, fensterähnlich zusammengezogene Ranken als Raumfüllung. Über dem Fuß ein gotischer Kapellenkranz mit sechs Ni­schen und Pfeilern, darüber ein Dach mit gravierten Dachziegeln. Beide Schaftringe sind gleich, sechs­seitig aus einem Blech gebogen. Zwischen ihnen sitzt ein kleinerer flacher Nodus mit abwechselnd drei blauemaillierten Rhomben mit weißer Blume in der Mitte und drei vergoldeten Rosetten auf den Zapfen. Der große Hostienschrein steht auf einem gerippten rhombischen Stützpfeiler und ist unten von einem doppelten, nach unten gebogenen Lilienkranz ge­säumt. Das viereckige, von einem Lilienkranz ge­krönte Lunulaschränkchen - einer verkleinerten, go­tischen Kirche ähnlich - wird auf zwei Seiten von gegossenen Stützpfeilern, Fialen und unten hängen­den gezähnten Ranken gebildet. Die Lunula befin­det sich hinter einer Rundbogentür, die innen von einem winzigen Lilienkranz umrahmt ist. Die Glas­scheiben der Türen sind noch original, sie werden durch Scharnier geschlossen, mit einem Stellhaken an einer Kette. Der Schrein wird oben von einem durchbrochenen Rankenmuster gerahmt. Der obere Turm hat sechs hohe durchbrochene Fenster, über ihnen Rosetten und zwischen ihnen wieder Stütz­pfeiler. Ganz oben gliedern unter gegossenen Fialen hervorspringende kleine Dächer die Fläche des nach oben zusammenlaufenden Helmes. Auf den Kanten des mit graviertem Dachziegel muster bedeckten Da­ches läuft eine Rippenreihe mit Stacheln nach oben. An der Spitze ein hohes, aus Zweigen gestaltetes Kru­zifix mit „INRI"-Band. Auf Grund der Darstellung des St. Ladislaus kann die Monstranz eine ungarische Arbeit sein, und zwar das Werk eines gut geschulten, begabten Meisters einer königlichen Werkstatt mit großer Praxis, der nach einem schönen Musterbuch arbeitete, leider aber unbekannt ist. Es gibt keine genauen Paralle­len, mit ihrer schönen und wohlproportionierten Gestaltung gehört sie zu den prächtigsten Denkmä­lern der zeitgenössischen europäischen Kunst. Ursprünglich gehörte auch ein ledernes Futteral aus dem 18. Jh. zu ihr. Literatur: MME 1906, II, 249 mit Literatur; H. KOLBA-T. NÉMETH 1973, 10, 34, Abb. 16; Ausstel­lung 1987, II. 414-415, Nr. Ö.7; MM 1987,1, 642; II, 478^79, Nr. 1490-95

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