Kolba H. Judit: Liturgische Goldschmiedearbeiten im Ungarischen Nationalmuseum. 14.-17. Jahrhundert. (Catalogi Musei Nationalis Hungarici. Series Mediaevalis et Moderna 1; Budapest, 2004)
KATALOG - ZIBORIEN
88. PATENE Abb. 88 Poc.Jank.139. Aus der Jankovich-Sammlung 1687 Dm: 13 cm Erwerb: aus der Jankovich-Sammlung Silber mit vergoldetem Rand. Im Nabel ein vergoldeter gravierter Wappenschild: im Lorbeerkranz die Halbfigur eines aus einer Krone steigenden Hirsches, darüber auf Blätterdekor die Figur eines größeren Hirsches: das Wappen der Familie Kemény. Um das Wappen die Inschrift: „N. KEMÉNY KATA ANNO DO. 1687." Der Meister ist unbekannt, vermutlich ist es eine siebenbürgische Auftragsarbeit der Familie für eine ihrer Kirchen. Kata Kemény, die jüngere Schwester des Fürsten Johann Kemény, war die zweite Gemahlin von Ferenc Bethlen. Literatur: H. KOLBA 1985, 109, Abb. 46; Ausstellung 1991, Nr. 101 ZIBORIEN 89. ZIBORIUM VON KÖRTVÉLYES Abb. 89 1916.31. Szepeskörtvélyes (Hrusov, SK) röm.-kath. Pfarrkirche Um 1360 H: 39 cm; F-Dm: 12,7x11 cm Erwerb: durch Tausch von der katholischen Kirche in Szepeskörtvélyes Kupfer, vergoldet, getrieben, graviert, gegossen. Auf dem ovalen Fuß wechseln sich vier Pässe und vier spitze Vorsprünge ab, von deren Ansatzpunkten glatte Kanten den Fuß hinauf laufen, wo dieser von einer horizontal gegliederten, mehrschichtigen Fußplatte abgeschlossen wird. Darauf stützt sich der untere, höhere Schaftring aus sechsseitigem Blech, der den sechseckigen flachen Nodus trägt. Auf der Kante des Nodus sitzen in viereckigen vorspringenden Fassungen mit Granaten verzierte Zapfen (einer von ihnen ist leer). Auf dem oberen Schaftring, ebenfalls einem sechsseitigen Blech, sitzt eine weitere gegliederte Platte und darüber auf einem pyramidenförmiges Glied die Pyxis mit rechteckigen Seiten. Auf der sechsseitig gebogenen Platte heben sich vom schraffierten Hintergrund folgende Szenen ab: 1. Der Englische Gruß: Maria empfängt stehend den Erzengel Gabriel, der ein Spruchband hält, oben der Heilige Geist in Form einer Taube, unten Lilien in einer Vase. 2. Christus auf dem Ölberg. unter Bäumen betend. 3. Gefangennahme Christi, der Judaskuß. 4. Christus vor dem thronenden Pilatus. 5. Geißelung: der an eine Säule gebundene Jesus wird von zwei Soldaten gegeißelt. 6. Kreuzigung: neben dem Kreuz die hl. Jungfrau und St. Johannes. Die sechs Seitenplatten des pyramidenförmigen Deckels sind gleichfalls mit Bildern auf schraffiiertem Grund geschmückt: zwischen St. Petrus und Paulus die Figuren von je zwei Evangelisten. Auf dem Ziborium ein späteres glattes Kruzifix mit dem Band „INRI". Im Inneren der Pyxis ein weiterer, unten bauchiger und oben sechseckig getriebener Becher, der sich der Pyxis anpasst. Auf den einzelnen Bildern des Hostienbehälters finden sich mehrere Ergänzungen, mit der zumeist in Flekken flachgehämmerten Metallergänzung wurden wahrscheinlich kleine Löcher beseitigt. Die Bilder an der Seite der Pyxis sind die typischsten Beispiele der sog. Biblia Pauperum: die des Lesens unkundigen Gläubigen erkannten die biblischen Geschichten an den Bildern. Die Vorbilder der fein gravierten Szenen dürften aus einem mit Miniaturen oder Holzschnitten illustrierten Buch stammen. Der Herstellungsort ist unbekannt, doch ist zu vermuten, dass das Stück in einer der berühmten Goldschmiedewerkstätten der Zips in den Jahren um 1360 entstanden ist, wahrscheinlich für die von Ludwig dem Großen gegründete und zu dieser Zeit erbaute Kirche von Szepeskörtvélyes. Parallelen dazu - Ziborien mit eckigen Büchsen - sind das BésánZiborium (Nr. 90) sowie die Ziborien in der Schatzkammer und im christlichen Museum von Esztergom (s. Anm. 10) und im siebenbürgischen Material die der Kirchen von Kisdisznöd, Nagyselyk, Nagysink und Hégen (s. H. KOLBA 1975, 322-324). Vom Nationalmuseum wurde in den stürmischen Zeiten des Ersten Weltkrieges, 1915, der katholischen Kirche von Szepeskörtvélyes das Angebot