KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)
VII. „Die Tragödie des Menschen" von Madách und die „historische Einzelbilderreihe" des modernen Totentanzes
fiedelnden Teufels auf, da sich ja doch der „germanische Tod" eigentlich aus einem „teuflischen Gespenst" entwickelt hat und schon der mittelalterliche Tod in der Rolle „des Todes der Sünder" vielmals den Teufel vertrat. In der dritten Szene fiedelt übrigens dieser gespenstische Tod vor dem Fenster, wie bei Hofmannsthal. — So wandern diese Motive von Werk zu Werk, sich unbemerkt verändernd. Zu den historisch motivierten Einzelbilderreihen des modernen Totentanzes rechne ich auch das Werk von Gustav Falke : Mynheer der Tod und andere Gedichte } Aus sechs Szenen besteht dieser Totentanz. Die Todesgestalt tritt in den verschiedensten Verhältnissen des Alltags auf und ist eine Vertreterin verschiedener Stände. Die erste Szene ist ein Kriegstotentanz. 2 Der Tod ist der Anführer der schwarzen Husaren, deren Anzeichen, ein Totenschädel und zwei Knochen, auf ihrer Flagge und auf ihrem Helm erkennbar ist. Der Tod, ein greller Rittmeister, sitzt vorgebückt auf seinem Schecken und indem er die Pelzmütze tief in die bleiche Stirn gedrückt hat, späht er mit Geierblick umher. Wie von Stein gehauen, sitzt er, wie festgewurzelt. Neben ihm sein junger Trompeter, der seine blutgierigen Gesichtszüge mit leisem Grauen betrachtet. Auf sein Säbelsignal beginnt die furchtbare Schlacht. Mit schrecklicher Wut kämpft auch der Rittmeister mitten im dichtesten Knaul. Im tobenden Wirbeltanz der Schlacht haut er rechts herab, links herab und jeder seiner Hiebe sitzt 1 Bald hat aber die Wut ein Ende, denn alles ist dem Sterben geweiht. Held an Held liegt tot am Boden im triefenden Blut und reiterlos rasen die Pferde umher. Nur einer lebt 1 Der grosse Menschenwürger, der „Rittmeister", der — wie einst Bechsteins „Wanderer" — aus der Schlacht entkam. Mit seiner flachen Hand schlägt der Tod den Staub von seiner Attila und „wischt sich aus Augen und Stirn den Schweiss". Mit hämischem Grinsen, das von Ohr zu Ohr zieht, brummt er vor sich: „Heut war's nach meinem Sinn" und wendet den Gaul. Über alle Leichen reitet er machtvoll dahin, neuen Grauensritt ersinnend, neue Opfer suchend. Die Standesverkleidung des Todes als eines Rittmeisters wird nach der Art Bechsteins mit wahren zeitgenössischen Verhältnissen verbunden, zwar ist in den Gedichten Falkes die Bestrebung nach einer Archaisierung nicht zu übersehen. Das Motiv des Tanzes bleibt weg und wird mit neuen Erfindungen ersetzt. Falkes Rittmeister ist die Variation der Bechstein sehen Gestalt in dem Bechstein-Gedicht Nr. 40. „Der Krieger". Um die Motiventradition genau beobachten zu können, sollen hier die diesbezüglichen Verse Bechsteins zitiert werden : 1 Dresden und Leipzig, 1892." 3 1. Der Rittmeister. S. 3. „Und der Wandrer zieht auf der Schlach[tenbahn Mit ihr (mit der Furie des Krieges, die ihm [dient) den streitenden Heeren voran Und' die Werbetrommel im Land er rührt, Und zum blutigen Tanze die Männer führt..." Die Abhängigkeit der Bechstein'schen Darstellung von dem betreffenden Holbein-Bild ist schon aus diesen Zeilen klar ersichtlich. „Aber den schrecklichen Schlachtenkönig, Der seine blutige Amte hält, Kümmert nicht die Verzweiflung der Welt, Ob ihr Jammerruf tausendtönig An die Pforten von Himmel und Hölle schlägt, Er bleibt starr und steinern, unbewegt .. . Einsam geht ein gespenstiger Ritter Über das dampfende Leichenfeld, Wo getroffen von Schlachtengewitter, Reglos liegen der Feige, der Held. Für die Jubel des Sieges nur taub ; Und er wandert und zählt den unendlichen Raub." Eine Weiterbildung dieses Motivs ist die Malerei von Franz Stuck in der Münchener Staatsgalerie, 8 auf welcher „der Krieg" über die Leichen der Gefallenen reitet. Die Darstellung des Todes als Kriegsführers findet sich auch vor Bechstein. Als Beispiele sollen hier nur zwei Stiche der Totentanz-Ausstellung des schon vielmals erwähnten einstigen Münchner Antiquariats erwähnt werden. Auf einem Blatte von Ganelin* reitet der Tod auf einem geflügelten Ross von einem Gefolge mehrerer Skelette begleitet durch das Schlachtfeld. Auch Stefan Deila Bella 6 lässt vor dem „König Tod" ein auf einem Pferde reitendes Skelett einhergehen, um ihm den Weg durch das Schlachtfeld zu bahnen. Teuflisch-gespenstisch tritt uns diese moderne Todesgestalt auch im zweiten Stück 6 des Totentanzes von Falke entgegen Der Tod sucht neue Opfer und wird Kutscher einer vornehmen Equipage. Fritz, der eigentliche Lakai, springt entsetzt vom eierschalenleichten Wagen herab, da die furchtgepeitschten Pferde, wie von einer unsichtbaren Macht getrieben, das Fahrzeug, wie einen Spielball, plötzlich zügellos davonreissen. Am steinigen Weg muss das Gefährt zerschellen. Die alte Exzellenz, ein Greis, der eine dunkelrote Rose ins Knopfloch gesteckt hat, sitzt mit einem schönen Mädchen in der Kutsche. Beide sehen von Todesangst gelähmt, der Ohnmacht nah, ein Gespenst am Kutschersitze erscheinen. Es ist der Tod. Auf das Jammergeschrei des Mädchens wendet er sein grausiges Beingesicht hämisch nickend an sie : „Fritz blieb zu Haus, Comtesse, heut fahre ich !" Breitbeinig stehend, weit vorgebeugt hält er die schlaffen Zügel in seiner harten Knochenfaust. Mit 3 Nr. 7941. „Der Krieg". Vgl. Taf. LXXIII. Fig. 2. 4 J R V. et inc. Tolosae 1778. 5 In. et fc. Cum Pri. Reg. Mit französischem Text. 8 2. Der Equipage. S. 6.