KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE III. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 7. (Budapest, 1941)

VII. „Die Tragödie des Menschen" von Madách und die „historische Einzelbilderreihe" des modernen Totentanzes

siegesfreudigem Übermut klatscht er mit der Geisseischnur der Peitsche um die Ohren der Vollblutfüchse. Sein Glanzhut mit der farbigen Rosette ist ihm in den Nacken herabgerutscht; mit breit brutalem Grinsen holt er jetzt seine Gäste gut gelaunt zu irgendeinem seiner Feste, bis seines Schädels Billiardkugel und die auf den dürren Gliedern schlampig schlotternde, goldknöpfige Livree im hoch auflodernden Staube des We­ges samt der Equipage wieder verschwindet. Das Rasseln der Räder verklingt, der Staub zer­fliegt und am steinigen Bergweg liegt nur eine verwelkte, dunkelrote Rose zertreten. Der tiefgehende Grundgedanke des Ge­dichtes führt zur allgemein symbolisierenden To­tentanzdichtungsart. Unser Leben ist auch eine Fahrt auf einer wankenden Equipage, deren Räder am steinigen Lebensweg bald zerschel­len müssen. Unser Kutscher ist der Tod. Auch das Leben fährt in rasender Schnelligkeit dem Todesfeste entgegen. Noch inniger mit dem modernen Leben ver­bündet erscheint die nächste Szene des Zyklus. 1 Der blutdürstige Tod zieht weiter. Der Dichter be­gegnet ihm im Traume. Der „moderne" Wande­rer Bechsteins reist am Schnellzug erster Klasse. Er steigt bei einer Feldstation ein, wo der Schnell­zug eigentlich nie stehen zu bleiben pflegt, und tritt mit einem stummen Grusse beim Dichter im Coupé ein. Der schlanke Mann im Kaiser­mantel, mit blassen Wangen, mit ernsten, tief schwarzen Augen benimmt sich so elegant, als wäre er mindestens ein Baron. Man sieht ihm an, dass er schon viel gereist war, denn er fühlt sich im Coupé ganz zu Hause. Schaut nicht zum Fenster hinaus, sondern raucht schwei­gend eine feine Zigarette vor sich hin. Mit gut­mütiger Höflichkeit bietet er auch dem Dichter eine an und bedient ihn auch mit Feuer. Als sich ihm der Dichter vorstellt, nickt er vor­nehm dankend, wie ein Fürstensohn und bleibt schwiegsam, still. Er spricht wenig, und was er auch sagt, das pflegt er kurz abzufassen. In dieser Schwiegsamkeit, die nur hie und da von einer schüchternen Frage des Dichters und einer kurzen, aber höflichen Antwort des „Reisenden" unterbrochen wird, kann die Zeit nicht schnell genug vergehn. Vor dem Coupéfenster fliegt die Welt mit fürchterlicher Schnelligkeit vorüber. Als der Dichter sein Verlangen äussert, gern schon in der Stadt X absteigen zu wollen, ant­wortet der „Baron" leise lächelnd : „Sie wollen nach X noch, lieber Mann ? Wir werden wohl so weit nicht reisen, Denn gleich wird unser Zug entgleisen." Erst jetzt sieht der Dichter voll Entsetzen, dass sein Visavis der Knochenmann ist und ver­spührt schon den Puff und Stoss, das fürchter­liche Knirschen, als wäre die Hölle los Und voll Furcht erwachend dankt er Gott, dass er dem Tod entkam. 1 3. Eine Reisebekanntschaft. S. 9. Während die Todesgestalt in moderne Ver­hältnisse verkleidet auftritt, symbolisiert der ra­send fahrende Zug das schnei! vergehende und noch vor dem Ziel entgleisende Menschenleben. Auch Liebe und Güte paart sich in dieser Todesgestalt mit Unerbittlichkeit. 2 Eine hü­stelnd alte Dame sitzt im weichgepolsterten Lehn­stuhl. Neben ihr steht mit rührend rücksichts­voller Art ein gutmütiger Herr mit schwarzem Tuchrock und goldener Brille. Beim Erscheinen wird er vom Stubenmädchen als „Der Herr Dok­tor" angemeldet und die Alte, in deren Familien­album er langsam blättert, pflegt ihn nur als den Herrn „Geheimrat" zu nennen. Blatt für Blatt betrachtet sie die Bilder der Verwandten mit stiller Wehmut, da ja alle gestorben sind. 8 Endlich klappt der „Geheimrat" die silberbe­schlagenen Deckel des dicken Albums zu. Die Alte legt sich ermüdet ganz in den Lehstuhl zu­rück. Ihre Augen werden schwer, und zusam­menfallend, gehorcht sie der Mahnung des Arz­tes : „Nun ruhen Sie sich aber aus . . . ." und sie fällt in einen ruhigen Schlummer. Auf den Ze­hen leise durch den Salon gehend bleibt der alte Herr Doktor bei der altmodischen Stutzuhr ste­hen, mit der er die Zeit seiner goldenen Ta­schenuhr vergleicht. Wie spielend tippt er mit dem Mittelfinger seiner Rechte am Stundenglas der alten Standuhr. — Hut und Handschuhe zu sich nehmend verlässt er dann still das Zimmer. In der Tür wendet er sich nochmals um, lächelt unendlich gutmütig und nickt der leicht schlum­mernden Alten zu er war es : der Tod. Aber diese moderne Todesgestalt wird auch manchmal geprellt, indem sie ihrer angeborenen Hastigkeit zum Opfer fällt. 4 Am Dach des gegen­überstehenden Hauses wird das weisse Gerippe sichtbar. Wie eine Katze schleicht es, sich vor­wärtsschiebend, auf den rotbraunen Schiefer­platten dahin und richtet sich zusammenge­krümmt zum gierigen Sprung auf, aber der Sper­ling fliegt davon und in der Luft klappern ras­selnd die beinernen Hände des Gerippes zu­sammen. Wenn es enttäuscht dasteht, hat es ein sehr dummes Gesicht. In diesem, wie im letzten Stücke, 5 leuchtet humorvoll, ja eigentlich ironisch ein interessan­tes Motiv auf, das bei den Modernen häufiger vorkommt, als im Mittelalter. Es ist die Gestalt „des geprellten Todes". Die lebenswahre Beob­achtung, dass der Mensch durch einen Zufall vom Tode gerettet werden kann, schreibt diesen Fall dem Fehlgriffe des ungeschickten Todes zu, der durch seine unbesonnen hastige Hab­gier eine Schlappe bekommt. Als Radfahrer eilt der Tod, ein schneidiger Sportsmann, nach Schwindkuhl. Bei einer scharfen Biegung aber fährt er einen Chausseestein an und sein Stahl­pferd, seine Knochen zersplittern in tausend 2 4. Das Familienalbum. S. 13. In Prosa. 3 Totentanzreihe in moderner Art ! Ähnliches s. bei A. de Nora 1. Novellette. 4 5. Jagd auf Hochwild. S. 15. In Prosa. 5 6. Der Radfahrer. S. 16. In Prosa.

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