KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
Monolog der Toten ist ein sehr verbreitetes Lied des Altertums. Nach Plutarch soll man es in Griechenland bei grossen prunkhaften Aufzügen gesungen haben. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass es sich hier wieder nur um eine Variation der schon besprochenen Triumphszene aus den Erzählungen „Tausendundeine Nacht" handelt. Die Reden der zwei Beamten, die in diesem Triumphaufzug vor und nach dem König von Serendyb verkündet wurden, hat man in der Form des Monologes der Toten abgefasst. Sogar die Römer und das mittelalterliche Italien kennt das Lied ; unter den Medicäern wir es auch zu Florenz gesungen. „Ziehe fort beglücktes Volk, der Tag wird kommen, Wo die Freiheit fortzuzieh'n dir wird benommen. Was ihr seid, sind wir gewesen im Verein, Was ihr dermal seid, das werden wir auch sein. Treibet die Kamele an und zäumt sie auf Und vollendet, eh' vollendet ist des Lebens Lauf. Uns verdarb das Los zu seinem Zeitvertreibe, Wir sind nur die Glieder vom zerstückten Leibe, Und doch waren wir die Könige der Stämme, Die bewirteten die Pilger im Hareme." Die ersten vier Verse werden auch dem Enkel Modhadh's, dem Amru Ben el-Háris Ben Modhadh zugeschrieben „0 Menschen ziehet ein, denn eines Morgens, Da ziehet ihr in den Palast nicht ein, Treibt eure Pferde an, lasst frei den Zügel, Eh' dass euch noch erreichen wird Freund Hain ; Wir waren einstens Männer, wie ihr seid, Ihr werdet was wir waien, auch einst sein." Diesen in heidnischer Abfassung verbreiteten Monolog finden wir auch in den Schriften des Ausonius ; 2 er wurde auch auf einem Grabe der Via Latina als Grabschrift verwendet. Der Spruch ist nicht nur wegen seines römisch variierten dreifachen Gisant-Typs („cinis, ossa, nihil"), sondern auch wegen der auffälligen Betonung des orientalischen Totenspruches bemerkenswert („nihil" = „Nirvana"): „Non nomen, non quo genitus.non unde, quid egi: Mutus in aeternum sum : cinis, ossa, nihil. Nec sum, nec fueram genitus, tarnen e nihilo sum ; Mitte nec exprobres singula : talis eris." Ähnliche Wiederholungen des orientalischen Spruches sind auf vielen antiken Gräbern aufzufinden : 3 „Nec scio, quid nunc sim ; nec scio quid fuerim. Non fueras, nunc es, iterum nunc desines esse Quod tu es, ego fui ; quod ego sum, tu eris. Fui, non sum : estis, non eritis: nemo immortalis." „Quod sumus, hoc eritis, fuimus quandoque quod estis" — sagen die Toten. In dieser Bearbeitung wurden diese Motive bald christianisiert. Die nacheinander folgenden Verwesungsstadien des dreifachen Gisant-Typs konnten bald als ein Geschehnis aufgefasst werden. Die zwischen den einzelnen 1 von Schultens und vom Kommentar Ibn Bedruns über die Kassidet Ibn A'bdun's ; S. 75. 3 Opuscula, ed. Teubner, Leipzig 1886, S. 419. * Corpus Inscriptionum Lat. vol. V. Nr. 1939. Verwesungsgraden vergangene Zeit hat man bald mit einer Erzählung ausgefüllt. Man begnügte sich nicht mehr mit der einfachen Aufforderung des Toten an den Vorübergehenden, sein Grab zu öffnen und nachzusehen, ob er noch immer so schön sei, wie einst, sondern man Hess denselben Lebenden mehrmal zu den Gräbern wandern : das erstemal kurz nach dem Tode und nach der Bestattung, das zweitemal nach einer geraumen Zeit, als der Leichnam schon halb verwest kaum wieder erkennbar war und endlich, als aus ihm schon ein Skelett wurde. Den ersten Anlass zu dieser Variation gab die Erzählung vom Dichter A'dä Ben Seid ei Ibadi (im VI. Jh.), der den König N'omán einst zu den Gräbern von Hiré geführt und ihm erklärt hat, was die Toten dem Lebenden sagen : Sie waren einst auch Lebende und die Lebenden werden auch einst Tote sein. Nach längerer Zeit ging er mit dem König wieder an den Gräbern vorbei. Da sagten aber die Toten : Der sie jetzt betrachtet, wird an den veränderten Toten und an den Gräbern sehen, dass auch die Zeit Opfer des Todes sei und die einzelnen Gräber (und ihre tägliche Veränderung) beweisen, dass inzwischen wieder eine geraume Zeit vergangen ist ; die Wendungen der Zeiten merkt man an den Gräbern und den Toten. Dies könnten aber die Toten nicht sagen, wenn A'dä und N'omán nicht sehen würden, dass sie beim zweiten Besuch in einem mehr vorgeschrittenen Stadium der Verwesung in ihren Särgen liegen, als vorigesmal . Die hier einmal vorübergeritten sind, waren einst auch so hohe Herren, wie N'omán, jetzt liegen sie geradeso im Grabe, wie alle verweste Körper. 4 Ben Sejub Ben Seid Menät Ben Temim, der Christ, war Hiré's Ibädi und arabischer Dolmetsch und Sekretär des Chosroes Parwez (591—628), an dessen Hof ihn sein Pflegevater, ein Gutsbesitzer, namens Merseban und sein Sohn Schahammerd brachten. Merseban stand einst mit seinem Sohne vor dem Tore des Chosroes, als zwei Vögel vor denselben niederstürzten, sich schnäbelten und im Saale umherflogen. Auf den Befehl Chosroes' schössen der Vater und der Sohn die Vögel auf den ersten Schuss nieder und der König erlaubte ihnen, die Belohnung ihrer Geschicklichkeit wünschen zu dürfen. Bei dieser Gelegenheit empfahlen sie ihm den A'dä, dem sie die persische Sprache und alle ritterlichen Tugenden beigebracht haben. Er wurde Mitglied des Divan. In Hiré herrschte der König Monsir und nachdem das Volk mit seiner Herrschaft nicht zufrieden war, übernahm der Vater des A'dä die Zügel der Herrschaft. Nach dem Tode seines Vaters wurde A'dä der Führer der Regierung. Er bekümmerte sich aber sehr wenig um seine Herrscherpflichten und unterhielt sich mit Jagd und Spiel. Monsir hat4 Hammer-Purgstall : S. 179 15.; Sechste Klasse. Zeitgenossen der Könige von Hiré und Gasan.