KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

derer, merke dir die Lehre : Hüte deine Seele ! Freue dich der reinen Schönheit des Lebens, denn morgen kommt der Tod, um dich zu holen ! — Über dem Tore des Turmes steht eine Aufschrift ähnlichen In­haltes und in der Form der Beschreibung einer Eve­ryman-Szene : Der tote König erzählt, wieviel Reich­tümer er übereinander gehäuft, wieviel Frauen er im Harem, wieviel Vasallen um seinen Thron gesam­melt. Er hegte die Hoffnung, seine Macht für immer bewahren zu können und die Bitterkeit des Todes nie kosten zu müssen. Als aber der Tod nahte, rief er alle geknechteten Könige, die Häupter seiner Län­der, liess seinen ganzen Reichtum vor sie tragen und versprach alles ihnen zu geben, wenn sie sein Leben nur um einen Tag verlängern könnten. Aber seine Untertanen standen verstummt und beschämt da. Der finstere Tod kam unaufhaltsam und der Palast des mächtigen Königs wurde zur Wohnung der Ver­wesung. Sogar der Name des toten Königs ist auf dieser mit ionischen Buchstaben geschriebenen In­schrift zu lesen : Kus ben-Seddad ben-Ad der Gros­se. — Im Kuppelsaal des Palastes entdeckt die Ex­pedition einen Tisch aus Santelholz mit der Aufschrift: An diesem Tisch sassen einst Tausende, denen kein Auge fehlte. Jetzt sind sie im Grabe alle gleichsam blind. Nach einer weiteren mehrtägigen Wanderung trifft die Expedition eine metallene Reiterstatue, wel­che eine Lanze vor sich hält. Die auf der Lanze befindliche Aufschrift gibt dem Wanderer den Rat, nicht eher zur „Metallstadt" weiterzudringen, bevor er die Reiterstatue — welche auf einem beweglichen Piedestal steht — nicht in Bewegung gesetzt hat. Denn wohin sich das Gesicht des Reiters nach der schwungvollen Drehung stillhaltend wendet, in die­ser Richtung soll der Wanderer seinen Weg fortset­zen. Der Emir Mussa befolgt den Rat und begegnet auf seiner weiteren Wanderung einem menschen­ähnlichen Ungeheuer, welches an eine schwarze Steinsäule gekettet bis zu den Hüften in der Erde steckt. Er hat zwei mächtige schwarze Flügel und vier Hände, deren zwei an die Tatzen eines Löwen erinnern. Seine Gestalt, wie sie im Märchen charak­terisiert wird, ist eine treue Kopie der indischen Un­terweltsungeheuer. Seine struppigen Haare, seine beiden rotglühenden Augen, sowie das grünlich leuch­tende einzige Tierauge auf seiner mil Stierhörnern geschmückten Stirne, sein dröhnendes Gejammer, seine brüllende Stimme, mit welcher er die Wanderer empfängt, zwingt diese zum Stehenbleiben. Auf die Frage der Führer der Expedition gibt der gefesselte Rumpf Erklärungen über sein Schicksal. Anspielun­gen auf jene Geschichte der gefallenen Engel, welche in den mittelalterlichen Adambüchern zum Ausgangs­punkt der Geschichte des Gralsteines wird, machen diesen Teil des Märchens besonders schätzenswert. Das Ungeheuer nennt sich Daes ben-Alaemas, einen Sohn des Iblis, der nach dem 31. Vers der 15. Sure des Korans bei der Schöpfung nicht vor Gott nieder­fallen wollte. Er wäre der Führer jener Dschinn ge­wesen, die sich gegen den Willen des Soleiman ben­Daud auflehnten und im Solde des Königs der Meere standen. Soleiman hatte den Wunsch, die wunder­schöne Tochter des Königs der Meere zu besitzen, und brachte das durch einen Boten dem Vater zur Kenntnis, indem er befahl, die Achatstatue eines Götzenbildes zu zerstören, welches eine Göttin dar­stellend vor dem Volke grosses Ansehen genoss und dem Geist Daés ben-Alaemas zur Wohnung diente. Der König der Meere liess den Boten prügeln und meinte die Forderung Soleimans zurückweisen zu 100­müssen, worauf ein mächtiger Krieg zwischen den Völkern und den dienstbaren Dschinn des Soleiman und des Königs der Meere entflammte und mit der völligen Niederlage des letzteren endigte. Die im Solde des Königs der Meere stehenden Dschinn wurden in Messingkrüge gesperrt und der Führer an diese schwarze Säule gefesselt. Ein wiederholter Schrei des Ungeheuers treibt die Mitglieder der Karawane weiter. Sie gelangen zur Metallstadt, welche durch hohe Metallmauern von der Aussenwelt abgesperrt in toter Stille vor ihnen liegt. Es ist ein verzaubertes Land, welches vor der Expedition des Emirs nur der weise Soleiman und der „zweihörnige Alexan­dres" betreten durfte. Besonders bemerkenswert ist der Inhalt jener vier ebenfalls mit ionischen Buch­staben geschriebenen Aufschriften, welche nach dem Bericht des Märchens an den Mauern der Stadt angebracht sind : 1). Mensch ! alle deine Hoffnungen sind eitel ! Der Tod ist nahe. Nur ein Herr regiert die Welt, der die Nationen und Heere zerstreut, der den Reichen, wie den Mächtigen aus der lichten Pracht seines Palastes in die enge Wohnstätte der Nacht schickt. Und wenn seine Seele in der Erden­tiefe erwacht, gewahrt sie, dass ein jeder Mensch gleich ist : ein Haufen Staub und Asche (Verkürzt !). — Die zweite Aufschrift drückt den Vergänglichkeits­gedanken mit der im Mittelalter beliebten Wendung „Ubi sunt ? . . ." aus : 2). 0 Mensch ! Warum hegst du Zutrauen zu dieser eitlen Welt ? Weisst du nicht, dass dir hier keine bleibende Wohnung bereitet wurde ? Sage, wo sind die mächtigen Könige, die Sieger, die Herren von Irak, Ispachan und Korassan ? Verschwunden sind sie, als hätten sie nie gelebt. — 3). 0 Mensch 1 Die Tage entschwinden, das Leben eilt dem Gerichtstage entgegen. Wo sind die Herren von Indien, China und Nubien ? Der unaufhaltsame Windstoss des trüben Todes blies sie ins Nichts. — 4). 0 Mensch ! Deine Seele sinkt in Freude und Wollust und du siehst nicht, dass der Tod auf dei­ner Schulter thront einer jeden deiner Bewegungen folgend. Das Leben ist schwach wie das Gewebe der Spinne, hinter welchem sich der Rachen der Verwesung auftut. Wohin schwanden die Mächtigen mit allen ihren Plänen und Hoffnungen ? Mit dem Grabe vertauschten sie ihr üppiges Haus, wo jetzt die Eule wohnt. Nach langen Bemühungen gelingt es den Wan­derern, in die Stadt zu dringen, wo sie die Einwoh­ner von einem tiefen Schlaf befangen in jener Stel­lung antreffen, in welcher sie der Zauber ereilte. Sie finden auch das geheime Gemach der Königsburg, wo sie auf einem Bette in tiefen Schlaf versunken Fadmor, die Tochter des Königs der Amalekiten er­blicken, welche von unbeweglichen, bewaffneten Sklaven bewacht wird. Trotz der in ionischer Sprache abgefassten Warnungsschrift will Taleb ben-Sel das Mädchen rauben. Bevor er sie aber berührt hätte, wird er schon von den Lanzen der Sklaven durch­bohrt. Eilends verlässt der Emir Mussa den Palast. Er geht mit seinem Gefolge ans Meeresufer, wo er von den dort weilenden Fischern zwölf Messingkrüge und zwei Meerfrauen zum Geschenke für den Chalifen zu Damaskus bekommt und die Rückreise antritt. Die Vergänglichkeitsgedanken, sowie die Gisant-Typ-Szenen, welche das Märchen entfal­tet, zeigen zweifelsohne einen mittelalterlich­christlichen Einschlag und stehen gewiss schon unter dem Einfluss mittelalterlicher Vorstellun­gen. Was in ihnen echt orientalisch sei, das

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