KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
Maria : Me quin suxisti fili ueniam praecor isti Pluribus in Signum venie fac hunc fore dignum. Filius : Vulnera cerne pater fac quod rogitat mea mater Vt cessat flere, peccatori miserere. Pater : Nale petita dabo que poscis nulla negabo Et mox te viso sit ei locus in paradiso. Paterad angelum: Angele die istiveniam pronominexpi virginis ob nomine matrisque sibi datur omen. Johannes (zum Sünder) : Te fons uirtutum vieijs iubet esse solutum. Das grösste Verdienst der Apokryphliteratur ist die Umwandlung eines Teufels in die Gestalt des körperlichen Todes, nach dem Muster der im Orient gebräuchlichen Vorstellungen und nach dem Vorbild des apokalyptischen Reiters. Die Verbindung dieser Todesgestalt mit der Sterbeszene eines Menschen ist eine der bedeutendsten Quellen der Everymanlegende. Wie schon erwähnt wurde, ist die andere, gleichfalls ausschlaggebende Quelle die arabische Freundschafts-Legende. Aber die mit der História Josephi eingeleitete Ars-moriendi-Literatur hat zu einer allgemein menschlichen symbolischen Darstellung des Menschenlebens und des körperlichen Todes geführt. Diese symbolischen Bilder finden ihren eigentlichen Grund in der Darstellungsart des Lebensrades im Athos-Buch, wo sie „die vergängliche und lockende Welt" verbildlichen. Eine der interessantesten Variationen dieser symbolischen Darstellung der Welt im Zusammenhange mit dem Lebensrad und mit dem schon auch vom Teufel verschiedenen körperlichen Tod ist ein Märchen der Sammlung „Gesta Romanorum". 1 Es wird von einer Statue berichtet, die in Rom stand und mit der. rechten Hand auf die Erde zeigte. Nach der Überschrift forderte die Statue die Vorübergehenden auf, an der gezeigten Stelle in die Erde zu graben. Es ist der Teufel, der die Menschheit zur Suche nach den Freuden der Erde, nach Reichtum und Wollust lockt. Ein Mensch, der seine Neugierde und Geldgier nie befriedigen konnte, versuchte sich mit einer Schaufel und fand einige, in die Tiefe führende Treppen. Er stieg hinunter und fand zu seinem grossen Erstaunen einen prächtigen Palast vor. Er trat in den Hauptsaal und erblickte einen grossen gedeckten Tisch, um den ein König, eine Königin und lauter Adelige sassen. Keiner von den Anwesenden hat den neugierigen Menschen angeredet. Dieser erblickte in einem Eck oder in einer Nische einen Karbunkel, der so hell leuchtete, dass der ganze Saal wie im Tageslicht glänzte. Dem Karbunkel gegenüber, auf der entgegengesetzten Seite stand ein Mann, der mit aufgespanntem Bogen und mit Pfeil auf den Karbunkel zielte. Nach der Aufschrift ist dieser Mann der Tod, dessen Pfeil unaufhaltbar auf das leuchtende Leben, auf den Karbunkel losgeschossen wird, um ihn zu zertrümmern. Der neugierige Mensch besich1 hg. Hermann Oesterley. Berlin, 1872. Cap. 107. S. 438. Vor 1332, angebl. v. Mönch Elinandus (t 1227) nach ant. u. frühmalt. Mustern verfasst. tigt den ganzen Palast, in dessen Kämmern er lauter schöne Weiber sieht, die ihn aber auch keines Wortes würdigen. Als er den Palast verlassen will, fällt es ihm ein, sich etwas mitzunehmen, damit er alles auf der Oberwelt glaubwürdiger erzählen kann. Er kehrt in den grossen Saal zurück und entwendet vom Tisch einen goldenen Becher. Als er aber den Becher in sein Gewand verhüllt, drückt die Mannesgestalt des Todes ihren Pfeil auf den Karbunkel los, dieser zersplittert in tausend Stücke und im Saale wird es stockfinster. Der neugierige und goldgierige Mensch konnte den Ausweg nicht mehr finden und verkam. Es ist ein symbolisches Bild des Lebens, in dessen hellem Schein die Menschen ahnungslos essen und trinken. Haben sie ihr Glück erreicht, ist ihr Reichtum am Höhepunkt, dann wird das Leben vom Todespfeil vernichtet. Die Szene möge der geehrte Leser mit dem 433. Kapitel des Maler-Buches zu Athos vergleichen. Ein kurzer Blick auf beide Darstellungen beweist den dort besprochenen Zusammenhang des Todespfeiles mit dem Pfeile des Liebesgottes, der zugebundenen Augen des Todes mit den Augen Amors, sowie das Vorhandensein eines orientalischen Charakters, welcher beiden Darstellungen zugrunde liegt. Man muss sich nur auf die unterirdische Höhle Aladdins' 2 erinnern, um den wesentlichen Einfluss der orientalischen Märchenwelt zuzugeben. Dabei endet dieses Märchen der Gesta Romanorum mit Szenen der Everymanlegende und der späteren Gesamt-Legende. Die Hauptgestalt, die den guten Christen gegenüber als ein Sünder charakterisiert wird, der den Einflüsterungen des Teufels nachgibt, sieht in Vision die Nichtigkeit der Weltmacht und des Reichtums, muss aber, da er auch selber gesündigt hat, durch den Todespfeil vernichtet werden. Die Todesgestalt hat schon dem Teufel gegenüber eine streng individualisierte Charakteristik. Sie ist der körperliche Tod, ist aber dem Teufel, dem seelischen Tod behilflich und ist ausschliesslich der Tod der Sünder. Als Fortsetzung der Everymanlegende gilt auch hier der im Grabe liegende, verfaulte Leichnam, welcher von den Würmern zerfressen wird, der Teufel, welcher die Seele des Sünders raubt (s. die Verwandtschaft mit der Ars-moriendi-Literatur und mit der História Josephi), die Verwandten, von denen der Sünder ganz verlassen wird (s. in der arabischen Freundschaftsprobe und in den Totengesprächen Lukians) und die sein Vermögen unter sich teilen. Das Kap. 107. (Ed. S. 438) der „Gesta Romanorum" führt den Titel : DE MEMORIA MORTIS ET NON DELECTANDO IN TEMPORAL1BUS. 3 „Erat quedam imago in civitate romana, que rectis pedibus stabat habebatque manum dextram 2 Tausend und eine Nacht : hg. P. Ernst. Weimar, 1913. S. 144 ff. 3 Die Erzählung, deren Vorstellung auch auf den Todestriumph Petrarcas und auf den Todestanz (z. B. Hans Sachs), sowie auf das Bild am Camposanto di Pisa und auf ähnliche Fresken und Miniaturen der Gesamt-Legende