Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Zsuzsanna Bakó: Auf den Wegen Verstoßener herumirrend. Gedanken über die unkonventionelle Porträtmalerei von László Mednyánszky

1 László Mednyánszky: Porträt Evelyn Czóbel, geb. Gräfin Vay/ Portrét Evelyny Czobelovej, rod. Vay, Öl auf Leinwand, 22 x 20,3 cm (SNG, Inv.­Nr. O 4962) Gyula Krúdy so anschaulich beschreibt: „Und wenn gegenüber die Tür des Ateliers von Mednyánszky aufging, erschienen nach und nach diese unmöglichen „Freunde". Der eine nahm den Strohhut des Meisters mit, und ließ statt dessen den eigenen da, der nicht einmal dazu taugte, im Sommer einem Zugpferd aufgesetzt zu werden. Der andere zog unbedingt den besseren Mantel des Meisters an - dann, wenn Mednyánszky zwei Mäntel hatte. Der drit­te nahm das Geld von L. M. zu sich, falls es im Atelier überhaupt welches gab. Dieser sonderbare Maler gab ohne Zögern und Überlegungen alles hin, was er besaß und was die Armen von ihm haben wollten. In Indien gibt es sol­che Pilger, die auch ohne Geld auskommen können und vom Volk als Heilige verehrt werden." 1 Wie einst der indi­sche Prinz Buddha, kehrte der Grundbesitzer und Schlossinhaber Mednyánszky der glänzenden, bequemen, aber für ihn leeren Welt, aus der er stammte, den Rücken und „stieg hinunter" unter die Verstoßenen der Gesellschaft, identifizierte sich immer mehr mit ihnen und malte sie. Seine Modellwahl wurde von Gyula Krúdy wie folgt charakterisiert: „Es ist sonderbar, dass dieser Porträtmaler nie auf die Idee gekommen war, von den Modellen, die sich ihm am Wegrand boten, wenigstens einen reichen Weinhändler zu malen. Aber auch die Verewigungen der Aristokraten der Gegend fehlen in seinen Werken. [...] Aufzufinden sind dagegen alle dubiosen Figuren, die auf den Landstraßen mit dem Wind wetteifernd pfeifen; die, wenn sie sich nähern, von allen Hunden im Dorf angebellt werden, die von schwangeren jungen Frauen nicht einmal erblickt werden dürfen, da sie so zerzaust sind; sie wandern schon hier auf der Erde so, als würden sie die Straßen der Hölle entlang gehen, denn wohin sonst sollten diese Landstreicher mit Knütteln gelangen?" 2 Diese Zeilen weisen auf das Wesentliche hin: Der Maler wich vom Gewöhnlichen ab, und indem er das Stillwasser der Mittelmäßigkeit rührte, zeigte er uns etwas anderes. Die Antwort auf die Frage gab er selbst: „Mit dem Demos kann ich mich stundenlang unterhalten, von meinem Gefühl sicher gelenkt. Nicht jedoch mit Menschen von durchschnittlicher Bildung, da mich ihre Gedanken nicht interessieren und meine Gefühle nicht regen. Den Gedankenaustausch mit hochgebildeten Menschen finde ich genauso genussvoll, wie die rein auf Gefühlen basierende Unterhaltung mit dem Demos." 3 Die Mittelmäßigkeit langweilte ihn eindeutig und löste keine Gefühle in ihm aus, doch für die Anregung, ein Porträt zu malen, brauch­te Mednyánszky Gefühle. Dementsprechend entstanden seine Bilder meistens über diese zwei Gruppen: über Freunde und Verwandte, die auf dem gleichen geistigen Niveau standen wie er, und später über die Figuren seines selbst gewählten „Arbeitsbereiches", über Bauernjungen, Landstreicher, Stadtstreicher, Greise und im Krieg, auf den Schlachtfeldern, über Soldaten. Welchen Porträttyp er auch wählte, es schienen ihm zwei Dinge besonders wichtig gewesen zu sein: die Einfachheit und die Tiefe der Charakterdarstellung. Dies geht auch aus seinen Zeilen über die Klassiker der Porträtmalerei hervor. „Heute war ich im Louvre. Das erste, was mir aufgefallen ist, war ein Kopf von Greuze. Die Einfachheit dieses Kopfes. Wie die Köpfe von Rembrandt und Velázquez. Als Farbpoesie und Charakter ergriff mich vor allem das Porträt Karls L, König von England (Van Dyck). Zeichnend malen. Die Farbe breit (dick) auftragen. Die Seele malen." 4 Mednyánszky hielt sich diese Erkenntnisse ein Leben lang vor Augen. Ihre Verwirklichung sehen wir auch an seinen wenigen Frauendarstellungen. Sein Werk Sitzende Alte (Kat. 24), im Besitz der Slowakischen Nationalgalerie, ist in seiner edlen Einfachheit nicht nur das Bildnis einer müden, alten Frau, sondern gleichsam das Synonym des Alters. 5 Den Regeln der traditionellen Porträtmalerei entsprechend, malte er die Bildnisse von István Czóbel 6 und Evelyn Czóbel (Abb. 1), beide zeugen von einer detaillierten, prä­zisen und sachlichen Betrachtungsweise. Doch den Großteil der Bildergalerie Mednyánszkys machen Porträts von jungen Bauernburschen, Kutschern und Tagelöhnern aus. Vielleicht von seinem angeborenen Landstreicher­Instinkt, von der jugendlichen Sehnsucht nach Abenteuern, oder von Neugier getrieben, verkehrte der Maler von seinen Flegeljahren an oft unter den Arbeitern des Gutbesitzes, der sich um das Schloss herum erstreckte. Seine gefühlsmäßige Bindung an diese Schicht und dadurch an die einfachen Leute wurde durch seine Freundschaft zum Kutscher des Gutbesitzes, János Dinda, für ein Leben bestimmt. 7 Diese romantische jugendliche - sogar dem Gefühl der Liebe nahestehende - Begeisterung war ihm ein kathartisches Erlebnis, das er selbst an seinem Lebensabend Quelle der Inspiration nannte. In seinen Tagebucheintragungen erwähnte Mednyánszky die Namen von zahlreichen seiner Modelle, so außer János Dinda auch János Koczka, János Seres, Bálint Kurdi, Naslovik, spä­ter János Horváth, doch ihre Identifizierung mit den Bildern ist - vielleicht den einzigen Bálint Kurdi ausgenom­men - heute nicht mehr möglich. Doch bezüglich der Wahl seiner Modelle stehen uns in seinen Aufzeichnungen, in denen er auch seine Gesichtspunkte festhielt, reichlich Angaben zur Verfügung. In seinem frühen, aus dem Jahre 1877 stammenden Tagebuch schreibt er z. B. „Die Faszination charakteristischer Köpfe. [...] Was braucht man mehr als den Gesichtsausdruck?" 8 Ein solches starke, charakteristische Gesicht wird auf seinem Gemälde Bildnis eines Mannes mit Mütze (Kat. 5) aus der Sammlung von Strázky (Nagyőr, Nehre) oder auf dem Porträt Aus Italien (Kat. 13) dargestellt. Am auffallendsten an beiden Bildern ist die Monumentalität. Der Raum des Bildes wird von den Gesichtern quasi gesprengt, die Züge werden durch den hellen Hintergrund noch stärker hervorgehoben, was die männliche Kraft, die den Maler an diesem Menschentyp so sehr anzog, besonders betont; einen ähnlichen Eindruck evoziert auch das später entstandene Porträt eines Pfeife rauchenden Mannes mit Hut vor rotem Hintergrund mit dem Titel Aus Oberungarn (Kat. 2). Diesen Umstand erwähnte der Maler auch in anderen Aufzeichnungen, und fand zugleich er auch eine Erklärung dafür in dem für ihn evidenten Unterschied der Persönlichkeiten, da er spürte, dass dieser seinen eigenen Charakter gleichsam ergänzte. „Auch die Wahl unter den Typen erfolgte schon - nun kenne ich ungefähr die großen Gruppen von Menschentypen, die mich beeindrucken. Sie sind komplementäre Typen, d. h. die Komplemente meiner Persönlichkeit. Energische, aggressive Typen, unerschöpflich zuverlässig und aufrichtig. Mit einem Wort: der starke, gläubige Mann." 9 Zweifellos strahlen aus der Nähe betrachtet sogar

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