Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Zsuzsanna Bakó: Auf den Wegen Verstoßener herumirrend. Gedanken über die unkonventionelle Porträtmalerei von László Mednyánszky

ZSUZSANNA BAKÓ Auf den Wegen Verstoßener herumirrend GEDANKEN ÜBER DIE UNKONVENTIONELLE PORTRÄTMALEREI VON LÁSZLÓ MEDNYÁNSZKY Dem Betrachter, der an die zum Formalen erstarrte Betrachtungsweise der traditionellen Porträtmalerei gewöhnt ist, bietet die „Porträtgalerie" László Mednyánszkys ein besonderes Erlebnis, doch wirft sie gleichzeitig auch Fragen auf. Angesichts der offen blickenden Bauernjungen, der gebrochenen alten Männer, ausgestoßenen Landstreicher und verwundeten Soldaten scheinen die seit Jahrhunderten festen und scheinbar unveränderlichen Schemata der Porträtmalerei sich neu geordnet zu haben. Geht es um das Verhältnis von Modell und Auftraggeber zueinander, um die Wahl des Modells oder die Erweiterung der Grenzen der einzelnen Gattungen, um die „Durchgängigkeit" der einzelnen Gattungen oder ihrer Untergruppen, schreitet Mednyánszky - wie es im späteren noch erläutert wird - mit leichter Eleganz über die Konventionen hinweg, wie er es mit seiner ganzen Denkweise und Lebensführung getan hat. Der Unterschied wird besonders augenfällig, wenn man die Porträtmalerei der Epoche untersucht. Diese Gattung erfreute sich von der Renaissance bis ins ausgehende 19. Jahrhundert einer besonderen Beliebtheit, sie überlebte den Vorstoß und die mehrere Jahrzehnte währende Hegemonie der historischen Malerei und sodann die der Landschaftsmalerei. Eine der möglichen Erklärungen dieser lange anhaltenden Beliebtheit mag wohl die Position des Auftraggebers gewesen sein, dessen Vorstellungen sich der Maler anpassen musste. In diesem auch finanziell geregelten System der Beziehungen war die künstlerische Freiheit ziemlich begrenzt. Im Dschungel der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstandenen repräsentativen Porträts war die Persönlichkeit des Künstlers selbst - teils infolge der Typisierung, der unerlässlichen Äußerlichkeiten - nur schwer zu erkennen, lag doch die Betonung auf der Erscheinung des Dargestellten. Dieser Porträttyp sollte vor allem die gesellschaftliche Position, den Rang des Betroffenen „verkünden", d. h. es handelte sich bei der sorgfältigen Darstellung der prachtvollen Kleidung, der auf den Beruf hinweisenden Attribute und der eleganten Umgebung um eine Art „Offenbarung", eine wichtige Mitteilung für die Gesellschaft und die Nachwelt. Die Gelegenheit, die Falle der Gleichförmigkeit, und der Leere zu vermeiden, bot sich dann, wenn es zwischen dem Modell und dem Künstler eine Art emotionale Bindung bestand oder während der Arbeit zustande kam. Über das Wesen, das Entstehen und den Charakter dieser geheimen Verbindung, dieser emotionalen Beziehung ist uns wenig bekannt, sie war aber die Bedingung zur Herausbildung einer anderen Art von Porträt, eines Werkes, das auch den Charakter des Modells ahnen lässt und dem Betrachter dadurch wahrnehmbare, erfassbare psychische Momente vermittelt. Viele der bedeutenden Porträtmaler der Zeit waren zum Erfassen dieses verborgenen Wesens fähig, doch unter den repräsentativen halb- oder ganzfigürlichen, stehenden oder sitzenden Porträts gibt es nur wenige, die dieses Erlebnis vermitteln können, so etwa das Porträt Lajos Haynaids oder Franz Liszts von Mihály Munkácsy, des Malers János Greguss von Bertalan Székely oder Kornélia Lötz von Károly Lötz - alle im Besitz der Ungarischen Nationalgalerie. Einen wesentlich größeren Spielraum besaßen die Künstler im Falle einer Untergruppe dieser Gattung, des Brustbildes und seiner Variationen. Hier ist das wichtigste Ausdrucksmittel das menschliche Gesicht, hier bietet sich Gelegenheit zur Darstellung menschlicher Charakterzüge und psychischer Tiefen, alles andere hat nur die Funktion eines Hinweises. Gerade weil die Äußerlichkeiten eine geringere Rolle spielen, idealisieren die Porträts, welche sich auf das Gesicht konzentrieren, viel weniger. In dieser Gattung kann die Persönlichkeit des Künstlers mehr in den Vordergrund rücken, er kann von seiner Genialität und seiner instinktiven inneren Sicht Zeugnis able­gen. Diese Sehweise wurde früher auch von den Brustbildern und Selbstporträts Rembrandts und Goyas vermittelt, die eine aus dem Unterbewussten stammende innere Kraft ausstrahlen, ebenso die von Geisteskranken angefertigte Porträtreihe Géricaults, die ihr Zustandekommen der Neugier des Künstlers zu verdanken hatte und der prägnan­teste Beweis des inneren intuitiven Gespürs ist, durch das der Künstler das Wesen der krankhaften Persönlichkeit auch ohne tiefere psychologische Kenntnisse ausdrücken und vermitteln kann. Ähnlich genialen Äußerungen der Hellsichtigkeit kann man auch bei ungarischen Künstlern begegnen. Ein Beispiel dafür ist das empfindsame, im Halbprofil gemalte Porträt des László Paál von Mihály Munkácsy im Besitz der Ungarischen Nationalgalerie, oder das in romantischen Gefühlsreichtum gebettete, vom Realismus geprägte Selbstbildnis von Bertalan Székely. Hier wie auch bei Mednyánszky, funktioniert das Porträt als eine Art „Doppelspiegel der Persönlichkeit", der sich zur Widerspiegelung der psychischen Substanz sowohl des Modells als auch des Malers eignet. Dem hellsichtigen Mednyánszky bot die Gattung des Porträts schier unerschöpfliche Möglichkeiten. In seinem Fall gilt - wenigstens was die Porträtmalerei anbelangt - das Gegenteil von allen bisherigen Regeln. Er erhielt für die Bilder keine Bezahlung - nicht einmal von den wohlhabenden Modellen, denn er malte sie aus Freundschaft. Die Mehrheit seiner Modelle waren jedoch mittellose Landstreicher oder arme Bauernjungen, die er finanziell unterstützte. Die Unterstützung erhielten diese oft in Form von Gegenständen, wie es der ungarische Schriftsteller

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