Gosztonyi Ferenc - Király Erzsébet - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2002-2004. 24/9 (MNG Budapest, 2005)

STUDIES - Zsuzsanna Farkas: Die Rezeption des Malers und Fotografen József Borsos (1821-1883) einst und heute

STUDIES DIE REZEPTION DES MALERS UND FOTOGRAFEN JÓZSEF BORSOS (1821-1883) EINST UND HEUTE VON ZSUZSANNA FARKAS Der künstlerische Nachlaß des Malers József Borsos nimmt in der Geschichte der ungarischen Malerei eine herausragende Stelle ein. Wir wollten dies anläßich des 120. Todestages des Künstlers durch seine Werke nachweisen. Nachdem seine Geburtstadt die Feierlichkeiten zurückgewiesen hatte, haben wir mit jungen Kolleginnen, Eszter Krisztina Aczél und Eszter Békefi, die vollständige einschlägige Forschungsgeschichte des 20. Jahrhunderts in der Zeitschrift Művészettörténeti Értesítő zusammenge­faßt. 1 Nachdem wir den bekannten Teil der Gemälde von Borsos veröffentlicht hatten, blieb noch eine Gruppe von weiteren 200 Werken, die aufgrund schriftlicher Quellen registriert wurde. Die Literatur zu den einzelnen Bildern bietet reichliche Angaben aus vielerlei Gesichtspunkten, aber die Analyse der einzelnen Bilder blieb für die weitere Forschung vorbehalten. Im Verlauf dieser Arbeit schienen mir auch die zeitgenössische Bewertung der einzelnen Werke und die Wandlungen in der Beurteilung des Lebenswerkes aufschlußreich zu sein. Innerhalb der ungarischen Malerei, die sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts zu entfalten begann, gehört sein Lebenswerk zu dem im Ausland entstandenen Teil dieses Kunstschaffens, wie die Werke von Károly Marko (1791-1860), der in Italien, und von Károly Brocky (1807-1855), der in London tätig war. Diese beiden älteren Meister haben sich vom Kunstleben in Ungarn allmählich entfernt und den künstlerischen Bewegungen ihrer Wahlheimat angepaßt. Bereits Béla Bíró hat nach seinen Forschungen zum gesellschaftlichen Hintergrund der Kunst der ungarischen Vormärzbewegung (etwa 1825-1848) festgestellt, daß die hervorragendsten Talente unter den ungarischen Künstlern nicht in ihre Heimat zurückkehrten. Neben Marko, Brocky und Borsos erwähnte er auch Károly Szathmári Pap (1812-1887), der von 1843 bis zu seinem Tode Hofmaler in Bukarest war. 2 Demgegenüber hatte Borsos enge Beziehungen zu ungarischen Magnaten, weshalb verhältnismäßig viele Bilder von ihm nach Pest, in Sammlungen von Aristokraten kamen. Seine von alters her bekannten Werke spielten eine eigene Rolle in der Entwicklungsgeschichte der bildenden Künste in Ungarn, da er im Geiste des öster­reichischen Biedermeiers malte und seine Werke somit von den zeitgleichen ungarischen Werken deutlich abwichen. Die Zeitgenossen haben ihn um seine bravourhaften Bilder von Porzellanglanz, um sein verfei­nertes technisches Können beneidet. ,JJas Schaffen von József Borsos scheint mit den Leistungen der großen, von der öffentlichen Meinung und von der Kunstgeschichtsschreibung verhätschelten öster­reichischen Meister gleichberechtigt zu sein. József Borsos ist der größte Meister der ungarischen Biedermeier­malerei, obwohl gleich den Zeitgenossen auch das heutige allgemeine Bewußtsein diesen Rang einstimmig Miklós Barabás (1810-1898) zusprechen. Mit diesen beiden Künstlern stehen die beiden Pole der damaligen ungarischen Malerei vor uns. Die weitere Entwicklung hatte die unerschütterliche Objektivität und die wunderbar sichere Pinselführung von Barabás genauso nötig wie das Kompositionstalent, die glühende Farbgebung und die zaubervolle Sinnlichkeit von Borsos. Seine überwiegend noch in Wien entstandenen Bilder wirken unverkennbar Pesterisch biedermeierhaft, sie streben einen glücklichen, vielleicht etwas bequemen Ausgleich zwischen der harten Realität der Tatsachen und den lieblichen Verlockungen der Vorstellungen und Sehnsüchte. In der Vergegen­wärtigung der tragischen Wirbel des Lebens erreichte er nur eine Art robustere Rührseligkeit. ii - schrieb Henrik Horváth 1938, wobei er auf wichtige, grundlegende und bis heute gültige Probleme aufmerksam machte.­Die Definition des Biedermeier in der bildenden Kunst Ungarns stellt ein außerordentlich kompliziertes Problem dar. Der Begriff Biedermeier läßt sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts beim Weiterleben des Klassizismus und inmitten der sich entfaltenden Romantik nur für eine begrenzte Gruppe von Gemälden anwenden. Nach der Auffassung einiger Kunstverständiger ist diese Bezeichnung in Ungarn gar nicht zu gebrauchen, sodaß sie den Ausdruck überhaupt vermeiden, wie z.B. Károly Lyka in seinem Buch über die nationale Romantik. Anderswo faßte er in einer kürzeren Schrift die Kunst von Borsos so zusammen: „[...] er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Wien, wo er unter den dortigen »Biedermeier «-

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