Király Erzsébet - Jávor Anna szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1997-2001, Művészettörténeti tanulmányok Sinkó Katalin köszöntésére (MNG Budapest, 2002)

TANULMÁNYOK / STUDIES - RÉVÉSZ Emese: Egy esemény ábrázolásainak anatómiája. Lamberg gróf meggyilkolása 1848. szeptember 28-án

Illustrierten Zeitung vom 28. Oktober ist die Illustration über den Lychnowsky-Mord, die dieselbe Zeitschrift zwei Wochen früher, am 14. Oktober veröffentlichte. Die aktualpolitische Bildserie von Gustav Künh, unter dem Titel Europäische Freiheitskämpfe. Das merkwürdige Jahr 1848 berichtet über die europäischen Ereignisse der Revolution, eines seiner Blätter stellt die Ermordung von Fürsten Lychnowsky und General Auerswald dar. Lychnowskys Tod wird aufgrund des Holzschnittes aus der Illustrierten Zeitung ausgeführt, aber zur Darstellung des Todes Auerwalds dient eine Kopie über Lambergs Tod aus derselben Leipziger Zeitschrift. Der Verfasser führte über die Darstellung eine dctailtreue Kopie aus, in der er nicht einmal die Gesichtszüge und den Tracht des Opfers veränderte, nur der Ort der Ereignisse wurde anders dargestellt. Die Frage der Glaubwürdigkeit spielte im Zeitalter der technischen Entwicklung der Massenkommunikation und durch den Ausbau der demokratischen Institution der bürgerlichen Öffentlichkeit auch in der bildlichen Masscnberichtung eine immer wichtigere Rolle. Dies veranlasste die Zeichner der Ereignisse dazu, die Darstellungen mit je mehr treuen Details auszuführen, um die Illusion der Glaubwürdigkeit zu schaffen. Im Falle Lambergs bildeten die Gesichtszüge des Opfers und der Tatort die exakten Momente, der Tracht, die Personen und die Bewaffnung der Angreifer wurden dagegen verallgemei­nert, ferner der mehrphasiger Vorgang des Mordes wird in der Zeit zusammengeschlossen dargestellt. Eines der wichtigsten Merkmale der Ereignisdarstellungen besteht darin, dass der Menschenmord als Urteil einer Gemeinschaft, deren Mitglieder aus den verschiedensten Klassen der Gesellschaft kommen, durchgesetzt wird. Die traditionellen Bildmuster in den bildenden Künsten tragen zum eindeutigen und wirksamen Asdruck der Nachricht bei, diese Traditionen bilden die Basis, die das Bildthema gleichzeitig legitimieren und deuten kann. Die emotionellen, kulturellen und moralischen Faktoren der Musterbilder werden in den Deutungskreis des aktuell-profanischen Gegenstandes durch die oben genannten Rahmenthemen einbezogen, darun­ter werden die gegenwärtigen Ereignisse aufgewertet. Da die mitologischen oder sakralischen Musterbilder im Kreise der po­pulären Graphik durch die einzelne künstlerische Invention am wenigsten beindruckt worden sind, erweist sich diese Kunstart zur Forschung der bildlichen Topoi als besonders geeignet. Die sachlicen Informationen werden in den instruktiv-argumenta­tiven Inhalten des bestimmten Bildes manchmal völlig spurlos aufgelöst, die Tatsachen sind auf diese Weise den rethorischen Wendungen oder den Pathosformeln des Erzählers unterordnet. Die meisten Lambergs Tod-Darstellungen heroisieren das Opfer. Aufgrund sakralischer Rahmenthemen der Verspottung und Dornenkrönung Christi zeichnete Wilhelm Völker die Szene der Ermordung von Fürsten Lichnowsky, deren Verfassung als nächstes Vorbild der Pester Ermordungsdarstellung bekannt wurde. Die Mehrheit der Lambergs Tod-Darstellungen basiert auch auf bekannten Rahmenthemen. Das Opfer im Ring der Angreifer ist auf die ikonographischen Traditionen der christ­lichen Martyrendarstellungen zurückzuführen (Verspottung, Festnahme, Dornenkrönung Christi, Martyrentod des Hl. Stephanus usw.) Die Komposition des den Sterbenden unter­stützenden Adjutanten auf Zieglers Steinzeichnung stammt aus den spätmittelalterlichen Pietà-Darstellungen. Das Bildmotiv des Herumschleppens der Leiche zeigt in der Historienmalerei eine Analogie zur Rache Hektors über Achilleus. Fast alle Darstellungen schließen sich an das in der klassizistischen Historienmalerei wieder ins Leben gebrachte bildliche Topos antiker Herkunft, den „Tod des Helden" an. Die Agression der Mörder, die moralische Verkommenheit der sich verzerrten Gesichter bilden mit der heroischen Einstellung des Opfers einen scharfen Kontrast, der dem Betrachter den wahren Gegenstand der Darstellungen ausdrücken kann: die drastische Auseinandersetzung der Werte. Solange die damalige einheimi­sche Presse über die Ereignisse als gerechte Volksrache berichtet, zeigen die Illustrationen Lamberg als das Opfer der Aufregung der wütenden Masse, als Martyr eines Volksaufstandes. Der Zwang der Übereinstimmung zwischen den his­torisch wahren, von den Aspekten der gesellschaftlichen Kommunikation aus wirksamen und interessanten, bzw. den malerisch ausführbaren Elementen bestimmt die aktuellen Ereignisdarstcllungen. Das ist eine echte Übergangsgattung, die durch die Absicht der sachlichen Widerspiegelung und die der symbolisticher Representation der Gegenwart gleichzeitig charakterisiert wird. Im Gegensatz zur Historienmalerei, die ihre Themen der Vergangenheit entnimmt, ist der Gegenstand der Ereignisdarstellung nicht geschlossen, sondern bildet den Teil eines Vorgangs, dessen aktive Mitglieder die Verfasser und die Betrachter sind. Ihre Bedeutung besteht darin, dass sie nicht einfach das Übertragungsmedium und die Widerspiegelung der gegenwärtigen Ereignisse ist, sondern über die Gegenwart gestaltetes Bild einer Gemeinschaft umformen kann. Das zur Darstellung ausgewählte Ereignis wird durch die Vervielfältigung und die immer neueren Darstellungen in das kollektive Gedächtnis transponiert und im Geschichtssinn einer Gemeinschaft befestigt. Bei der Interpretation dieser Darstellungen organisiert sich die alltägliche Ereignisreihe zu einer übersichtlichen, zweckmäßigen Geschichte. Die Lambergs Tod-Darstellungen sind Analyse und Bewertung der Geschehnisse zu gleicher Zeit. Sie sind Bilder über nicht die geschehende, sondern über die schon beendete und verstandene Gegenwart. Dies ist der Geschichtsanschauung des Historismus, die die Vergangenheit und die Gegenwart als eine kausalisch ab­leitbare, geschlossene Einheit sehen und sehen lassen will, wohl geeignet.

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