Budapest Régiségei 30. (1993)
MŰEMLÉKVÉDELEM – KULTÚRTURIZMUS = DENKMALPFLEGE – KULTURTOURISMUS - Jobst, Werner: Archäologie und Kulturtourismus : zur Entwicklung des Regionalisierungsprojektes "Archäologischer Park Carnuntum" = Régészet és kultúrturizmus 399-404
Werner JOBST ARCHÄOLOGIE UND KULTURTOURISMUS Zur Entwicklung des Regionalisierungsprojektes „Archäologischer Park Carnuntum" Nach E. Smeral „wird das kommende Jahrzent im Zeichen einer kräftigen Nachfragesteigerung nach Kultur- und Bildungsgütern stehen, denn innerhalb des Freizeitkonsums verlagert sich die Nachfrage von ausreichender Befriedigung des Erholungsbedürfnisses und des sportlichen Aktivitäts- und Leistungsdrangs zu höherwertigen Freizeiterlebnissen mit Kultur- und Bildungsinhalten; daher werden diese im Vergleich zur Einkommens- und Konsumsteigerung überproportional zunehmen." Auf Grund dieser wirtschaftlich ermutigenden Prognose ist die Frage zu stellen, welchen Beitrag die Archäologie des pannonischen Raumes zu einer Vermehrung und Verbesserung des Angebotes im Sinne einer Attraktivitätssteigerung beitragen kann. Das Gebiet zwischen Wien und Bratislava (Preßburg) hat im österreichweiten Vergleich eine einzigartige Besonderheit aufzuweisen, um die uns in- und ausländische Kulturregionen beneiden, nämlich eine tief verwurzelte und stark konzentrierte Geschichte. Wer die Kulturlandschaft „March-Donauland" aufsucht, tritt gleichsam an die Wiege unseres Landes heran. Regnum Noricum, Imperium Romanum, Habsburgerreich kennzeichnen Geschichtsepochen, die diesem Raum ein reiches Erbe hinterlassen haben und deren Denkmälern wir buchstäblich auf Schritt und Tritt begegnen. Die Römerstadt Carnuntum hat in diesen Epochen eine ebenso lange wie bewegte Geschichte. Ihre Ruinen sind gleichsam Symbol und Mahnmal für den Lauf der Entwicklung am europäischen Strom. Hier ist das Vergangene nicht hinter, sondern neben uns, es ist nicht abgestorben und begraben, sondern lebt in neuen Formen weiter und wirkt auf unser Leben ein. Sie, sehr verehrte Jubilarin, haben uns mit Ihren engagierten Forschungen in Pannonién, vor allem in Scarbantia und in Aquincum gelehrt, wie sehr die Antike unsere Gegenwart bestimmt. Carnuntum ist Österreichs größte archäologische Landschaft! Ein internationales Markenzeichen der Archäologie und eine Herausforderung der Denkmalpflege. Auf Grund seines historischen Reichtums, seiner wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten sorgt die Hauptstadt der Pannónia Superior immer noch für Schlagzeilen. Carnuntum ist ein Begriff, der die Bedeutung das antiken Rom als ordnender Faktor bei der Entstehung und Entwicklung europäischer Kultur wieder lebendig werden läßt. An diesem Punkt des Donaulimes wurde Weltpolitik gemacht und Geschichte geschrieben. „Die Archäologie," um die es in diesem Rahmen geht, „ist heute vor allem zwei Vorwürfen ausgesetzt: einmal dem, daß sie sich in einem Elfenbeinturm befindet, zum anderen aber, daß sie stärker als viele andere Wissenschaften keine genügende Beziehung zu den Erfordernissen der Gesellschaft entwickelt." Diese kritische, jedoch treffende Bemerkung hat der Diplomat und Historiker A. Sonnenhol ausgesprochen, der die Welt der griechischen, römischen und byzantinischen Archäologie aus eigener Erfahrung hinreichend kannte. „Ein Weg, der von diesen Vorwürfen weghführt, erfolgt über die Restaurierung und Gestaltung der archäologischen Ausgrabungen" lautet sein Rat. In der Tat gibt es auch auf dem Boden Carnuntums Grabungsstätten, die den Eindruck einer verlassenen Goldgräberstadt machen und die von den Ausgräbern ohne restaurierende oder andere schützende Maßnahme verlassen worden sind. Die Restaurierung aber und der Wiederaufbau archäologischer Stätten stellt erst recht den erforderlichen Zusammenhang zwischen archäologischer Wissenschaft und allgemeinem Interresse dar und bringt eben den eigentlichen touristischen Anreiz. Es lag auf Grund dieses Sachverhaltes auf der Hand, auch für die archäologische Landschaft Carnuntum ein Projekt zu entwickeln, welches die Zielsetzungen der wissenschaftlichen Forschung, der Denkmalpflege, der Muséologie und des Tourismus zu einem einheitlichen Ganzen verbindet. In dem vom Land Nie1 ' der Österreich getragenen Regionalisierungsprojekt „Archäologischer Park Carnuntum" kann nun diese Zielsetzung verwirklicht werden. Dabei muß freilich immer wieder deutlich gemacht werden, daß die Erhaltung, Erforschung und Präsentation des archäologischen Erbes von Carnuntum nicht allein als Aufgabe Niederösterreichs gesehen werden darf, auch wenn dieses Bundesland den größten Erbschalfsanteil an dieser antiken Stadt hat. Carnuntum hat als nationale und internationale Aufgabe ersten Ranges zu gelten, bei deren Bewältigung vor allem Finanzierung und Verwaltung zwischen den tragenden Körperschaften langfristig geregelt sein müßten. 399