Budapest Régiségei 30. (1993)

VALLÁS = RELIGION - Zsidi Paula: Zur Verehrung der Minerva in Aquincum = Minerva aquincumi tiszteletéhez 185-207

Paula ZsiDl ZUR VEREHRUNG DER MINERVA IN AQUINCUM Minerva ist die vielleicht vielseitigste, komplexeste Ge­stalt der römischen Götterwelt. Die ihrem Namen • 1 • nach dem Etruskischen , ihrer Erscheinung und Dar­stellung nach dem Griechischen entstammende Göt­tin wurde in Rom als Mitglied der Capitolinischen Tri­as verehrt und war daneben auch Schutzgöttin der Kriegswissenschaften, der intellektuellen Tätigkeiten sowie des Handwerks. Ihr Feiertag war Quinquatria, den man in jedem Jahr am 19. März beging . Zur Kaiserzeit, als sich die Grenzen des Imperiums ausdehnten, wurde auch sein ethnisches und religiöses Bild farbiger und vielschichtiger. Die dem Imperium angegliederte Einwohnerschaft - in erster Linie kelti­scher Abstammung - verehrte in Minerva den einen oder anderen ihrer eigenen Götter . Mit voranschrei­tender Romanisierung und dem Prozeß der interpre­tatio Romana bildete sich jener komplexe Kult heraus, der an den Kreis der Minerva gebunden werden kann. 5 In die das religiöse Leben von Aquincum behan­delnden bislang erschienenen zusammenfassenden Arbeiten fügte sich der Minerva-Kult - verständli­cherweise - mosaikartig ein. Von den Autoren wird der eine oder andere Zug des Kults hervorgehoben, aber auch auf dessen Vielschichtigkeit hingewiesen. Breiich beschreibt vor allem die in den Organisationen der Handwerker (collegium), und im Heer verehrte Inschriftendenkmäler 11 (Tabelle I) Nahezu die Hälfte der untersuchten Gruppe machen Inschriftendenkmäler aus. Was ihre Funktion anbe­langt, handelt es sich bei der Mehrzahl - 8 Stück ­um Altarsteine. Eine Minerva gewidmete Inschrift (Nr. 1) dürfte am Sockel eines Denkmals gestanden haben. Vermutlich zu einem Heiligtum gehörte jener Gegenstand ungewohnter Form und Abmessung (Nr. 2) mit kursiver Inschrift, dessen Funktion vorerst frag­lich ist. 13 Minerva ist in den Inschriften - wie das zu erwarten war - meist im Kreise der Mitglieder der Capitolini­schen Trias (Nr. 5, 6, 10) angeführt. Auf jeweils einem Stein wird sie zusammen mit den Göttern Mars und Vulcanus (Nr. 9,6) sowie einmal neben Juno und einem - infolge der Beschädigung des Steins - unbekannten Gott (oder Göttern?) erwähnt (Nr. 8). 15 Die zusammen mit Mars und Vulcanus auftretende Göttin wurde hauptsächlich vom Heer, von den Militär­angehörigen verehrt, und zwar im Rahmen der offiziel­len Staatsreligion. Werden Minerva und Vulcanus ge­meinsam erwähnt, deutet dies auf einen weiteren Zug der Göttin hin. Vulcanus war als Gott des Feuers der Göttin. Lajos Nagy verweist auf die gesellschaftlichen Unterschiede, die sich hinter den verschieden gearte­ten Verehrungen der Göttm verbergen. Géza Alföldy erwähnt, in erster Linie auf die epigraphischen Quel­len gestützt, einen im Rahmen der offiziellen Staats­religion pflichtgemäß ausgeübten Kult. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die sich auf die Minerva von Aquincum beziehenden Denkmäler zu katalogisieren und das aquincum'sche Antlitz der Göttin - wenn es ein solches denn überhaupt gab ­vorzustellen. Unseren bisherigen Kenntnissen zufolge spielte Minerva im „Pantheon" von Aquincum keine deter­minierende Rolle. Aus quantitativer Sicht beeinflußt die Zusammenstellung der Denkmäler das über das religiöse Leben in Aquincum geformte bisherige Bild nicht grundlegend, denn während die aus Aquincum stammenden sakralen Funde auf mehrere hundert an­gesetzt werden können, ergibt die Zahl der mit Mi­nerva in Verbindung zu bringenden Denkmäler kaum einige Dutzend. Die vorliegende Arbeit dürfte also eher mit der Ausarbeitung von Details, dem Erfassen der unterschiedlichen Quellengruppen und vor allem durch die Analyse ihrer topographischen Lage dazu beitragen, ein differenzierteres Gesamtbild zu gewin­nen. Beschützer aller Gewerke, die mit Feuergefahr einher­gingen, und so traf er auch an diesem Punkt mit dem Minerva-Kult zusammen. Vom Fundort des Steins (Nr. 6), der größten Industrieviertel der Legion, wird diese Beziehung ebenfalls bekräftigt. Sehr deutlich reprä­sentiert der Stein die Vielseitigkeit der Göttin: als Mit­glied der Capitolinischen Trias, offizielle Patronin der Kriegsführung und Schutzgöttin der handwerklichen Tätigkeiten. Auf den Inschriften von Aquincum tauchte Minerva bislang mit zwei Attributen auf: Victrix (Nr. 4) und Augusta (Nr. 7, 9). Inhaltlich unterstreichen beide die oben behandelten Züge der Göttin. Das Attribut Vic­trix steht für den siegreichen, Augusta aber für den herrscherischen Charakterzug der Göttin. Interessant ist, daß die bisher aus Pannónia bekannten, Minerva Augusta geweihten Altäre von Institutionen gestiftet wurden, die mit dem Heer in Zusammenhang standen: collegium armaturarum, officium corniculariorum, scola tubicinum. In einem Fall galt die Widmung allein Minerva, in der Gestalt ohne Attribut. Die eine "Fluch"-Formel 185

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