Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Aufgrund der Aktenlage lässt sich heute aber nicht mehr feststellen, ob Kaltenbrunners Vorwürfe im Einzelnen begründet oder ob seine Behauptungen haltlos waren. Ab etwa 1830 überschritten die Ausgaben für die Herstellung und Reparatur der Hofequipagen stets die budgetierten Beträge. Trotz wiederholter Aufforderungen seitens Kaiser Franz’ I. und Kaiser Ferdinands I. gelang es dem Oberststallmeister nicht, die Erhaltungskosten für den Fuhrpark zu senken. Im Jahr 1842 befahl Ferdinand I. deshalb die Rückkehr zum vor 1820 bestandenen System. Der Personalstand der Hofsattlerei wurde daraufhin stark reduziert. Dreißig der dort beschäftigten Tagelöhner, darunter Sattler, Riemer, Wagenschmiede, Schlosser, Wagner und Schneider mussten entlassen werden. Zwei der in den Hofstallungen untergebrachten Werkstätten, nämlich die Wagnerei und die Wagenschmiede, wurden an bürgerliche Meister vergeben. Sämtliche Reparaturen und Neuanschaffungen wurden nun abermals von bürgerlichen Meistern ausgeführt. 12. Anhang: Der Fahrzeugstand der k. k. Hofwagenburg (1766-1850) Zum Umfang des kaiserlichen Fuhrparks in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts können nur bruchstückhafte Angaben gemacht werden. Der Grund dafür liegt im Fehlen von Inventaren für diesen Zeitraum: Vom Jahr 1815 datiert das erste erhaltene Inventar für Reisewägen;233 die ersten erhaltenen Inventare zu den übrigen Hoffahrzeugen wurden hingegen erst im Jahr 1839 angelegt.234 Für das 18. Jahrhundert gibt es zwar Hinweise auf Hofwagen-Inventare, diese konnten bisher aber noch nicht aufgefunden werden.235 Vermutlich gingen sie verloren. Spätestens ab Ende des 18. Jahrhunderts wurden für längere Zeit keine regulären Aufzeichnungen über die vorhandenen Hofequipagen geführt: Im Jahr 1816 schilderte Oberststallmeister Trauttmansdorff dem Kaiser, dass in dem ihm unterstehenden Hofstab „ein ordentliches Inventarium [...] seit mehr als zwanzig Jahren mangelt“ und er seit seinem Amtsantritt Ende 1812 einzig ein Reisewageninventar anlegen habe können, denn es habe seither „noch keinen Augenblick der Ruhe oder einen solchen, wo alle hieher gehörigen Effekten beisammen gewesen wären“, gegeben.236 Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 233 KHM, WB, Inventar „Hofreisewägen“ (1815) 234 KHM, WB, Inventar „Ordinare Leib-Wagen und Schlitten“ (1839-1865), Inventar „Cavalier- und Dienst-Wagen“ (1839-1865), Inventar „Reise-Wägen“ (1839-1865). 235 Als nach dem 1767 erfolgten Tod des k. k. Hoffuttermeisters Dullac in dessen Hofquartier die von ihm hinterlassenen Gegenstände registriert wurden, fand man dort unter anderem Inventare der Hofwägen aus den Jahren 1746 und 1764. HHStA, OStA, C, 80, Fasz. i, unfol. 236 Oberststallmeister Trauttmansdorff an Kaiser Franz I., Wien 1816 September 1, HHStA, OStA, B, 18, ZI. 1 298 aus 1816, fol. 375r. Wenn es damals auch noch keine regulären Inventare gab, so existierten zumindest schon Regeln dafür. Bereits im März 1813 hatte der Oberststallmeister 167

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