Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

einsatzbereit sein sollten.28 An die Fahrzeuge wurden höchste ästhetische Anforderungen gestellt: Gestell und Kasten dürfen, ungeachtet sie reich verzieret werden, dennoch weder schwer sein, noch schwer aussehen, sondern müssen, nach dem ausdrücklichen, wiederholten Befehle Seiner Exzellenz [des Oberststallmeisters, Anm. M. D.], ein sehr zartes, gefälliges Aussehen haben und damit eine erhabene Solidität, die der Würde des Allerhöchsten Hofes angemessen ist, verbinden.29 Bei der Herstellung der drei Equipagen wurde nicht gespart; sie kosteten insgesamt 34 752 fl. 57 kr.30 Diese Anschaffungen waren allerdings nur ein erster, kleiner Schritt in Anbetracht der umfassenden Neu- und Umgestaltung, die in den Folgemonaten dem kaiserlichen Fuhrpark bevorstehen sollte. Für den Wiener Kongress, bei dem die politische Landkarte Europas neu gezeichnet wurde, erwartete man zahlreiche ausländische Staatsgäste in der kaiserlichen Residenzstadt. Wenige Monate vor Beginn des Kongresses war der Wiener Hofmarstall noch nicht entsprechend auf die Anforderungen dieses Großereignisses vorbereitet. Weder reichte die Zahl der bereitzustellenden Equipagen aus, noch war deren Qualität dem Anlass entsprechend. Einen Eindruck von der schwierigen Lage, in der sich Oberststallmeister Trauttmansdorff damals befand, vermittelt ein Schreiben, das derselbe nach dem Kongress an den Kaiser verfasste: In einem Zeitpunkte, wo durch früher wiederholt anbefohlene strenge Wirtschaftseinhaltung Jahrzehnte hindurch bei diesem obersten Hofstabe beinahe keine neue Anschaffung, weder an Reitzeugen noch an Pferdezuggeschirren, weder an Wägen noch an Staatslivreen etc. etc. vorgenommen worden war; wo mit möglichster Hintanhaltung aller nur immer vermeidenden Auslagen nicht einmal der ganze vorhandene Fond aller hieher gehörigen Effekten, sondern nur davon immer das zum Dienst Unentbehrlichste erhalten, alles übrige hingegen seinem gänzlichen Verfall ausgesetzt wurde, so zwar, daß die ohnehin schon beschränkte Anzahl aller Oberststallmeisterstabs-Hofeffekten sich immerfort noch mehr verminderte; in einem Zeitpunkte, wo durch mehrere aufeinanderfolgende nachteilige Einwirkungen (wie zum Beispiel die doppelte Emigration aller drei Hofgestüte, mehrere Reisen des Allerhöchsten Hofes, dann die angestrengte Dienstleistung während des Feldzuges im Jahre 1813 und 1814) der Hof-Pferdestand sehr gelitten hatte, sollten nun mit einem Male so viele der ersten fremden Höfe, jeder samt seinem zahlreichen Gefolge mit Dienerschaft und Equipagen dermaßen bedient werden, wie das Dekorum des Allerhöchsten Kaiserhauses bei seinem erlauchten Gaste es erforderte. Es mangelte natürlich hiezu an allen.31 Im August des Jahres 1814 wurde eine Bestandsaufnahme des Fuhrparks erstellt und erhoben, wie groß der Bedarf an Wägen, Pferden und Geschirren während des Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 28 HHStA, OStA, C, 464, ZI. 105 aus 1814, S. 20. 29 An Equipagen-Inspektor Potscheck, Wien 1814 Februar 27, HHStA, OStA, B, 9, ZI. 307 aus 1814, fol. 867rv. 30 Ebenda, fol. 866r-877v; Oberststallmeisteramt, 1814 November 8, HHStA, OStA, C, 19, unfol. Unter den vielen am Bau beteiligten Handwerksmeistern seien hier nur die Sattler Simon Brandmayer, Johann Paula und Jakob Hell erwähnt. Ebenda. 31 Oberststallmeister Trauttmansdorff an Kaiser Franz I., Mailand 1816 Jänner 8, HHStA, OStA, C, 102, ZI. 130 aus 1816, unfol. 121

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