Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Mario Döberl des Hoftitels war mit verschiedenen Privilegien und Verpflichtungen verbunden. Die Hoflieferanten durften den Hoftitel in ihre offizielle Geschäftsbezeichnung integrieren, was zweifellos ihr Renommee steigerte. Solange die gelieferten Waren gut und preisgünstig waren, erhielten sie bei zu vergebenden Aufträgen den Vorzug vor anderen Bewerbern. Sie waren zu einem „moralisch guten“ Lebenswandel angehalten sowie dazu, auf Anfrage fachmännische Gutachten für das Oberststallmeisteramt abzugeben.11 Für das Recht, einen Hoftitel fuhren zu dürfen, mussten aber auch Taxen entrichtet werden. Bis 1794 betrugen diese für alle Handwerksgattungen 60 fl. pro Jahr; danach wurden sie für Handwerker der „geringeren Gattung“ (wie etwa Schlosser, Schmiede, Glaser, Anstreicher, etc.) auf 30 fl. gesenkt.12 Die auswärtigen Handwerksmeister arbeiteten mit ihren Gesellen teilweise in ihren eigenen Werkstätten, zum Teil aber auch in der Hofsattlerei am Josephsplatz, wo sich auch eine Remise für Hofwägen befand. Die Gesellen erhielten dabei vom Hof einen Taglohn. Als im Jahr 1805 französische Truppen an die kaiserliche Hauptstadt heranrückten, wurde dort eifrig an den Hofwägen gearbeitet. Sie mussten für eine Evakuierung des Hofes vollkommen einsatzfahig gemacht werden. Einige der für den Hof arbeitenden Meister gaben bei dieser Gelegenheit an, wie viele ihrer Gesellen für zu verfertigende Hofarbeiten erforderlich wären und deshalb unabkömmlich seien. Der Sattlermeister Martin Hell nannte drei13, Sattlermeister Johann Paula vier, die Riemermeister Franz Bschaidner und Michael Fölsch fünf beziehungsweise vier, Wagenschmiedemeister Ludwig Thibeaux sieben, Schlossermeister Balthasar Stübler vier14 und Gürtlermeister Joseph Jaich einen15 Gesellen. Die während der Napoleonischen Kriege mehrfach erfolgten Evakuierungen des Wiener Hofes stellten eine große Belastung und Gefahr für den kaiserlichen Fuhrpark dar. Während weniger wertvolle Hofwägen als Transportfahrzeuge Verwendung fanden, wurden wertvolle Galawägen vor den heranrückenden feindlichen Armeen in Sicherheit gebracht: Entweder sie wurden zerlegt und mit anderen Kostbarkeiten des Hofes, wie etwa Gegenständen der Gemäldegalerie, der Schatzkammer, des Mineralienkabinetts oder des Münz- und Antiquitätenkabinetts, an in sicherer Entfernung von Wien liegende Orte verschickt oder sie wurden in der 11 Siehe zum Beispiel das Hofdekret für den bürgerlichen Federschmücker Joseph Schwer. Oberststallmeisteramt, Wien 1815 September 1, HHStA, OStA, B, 14, ZI. 603 aus 1815, fol. 4r v und T\ 12 Allgemeine Hofkammer an das Oberststallmeisteramt, Wien 1827 März 28, HHStA, OStA, B, 44, ZI. 1 036 aus 1827, unfol. 13 Hoffutteramt, Wien 1805 August 7, HHStA, OStA, C, 350, Nr. 168, unfol. 14 Hoflutteramt, Wien 1805 November 2, HHStA, OStA, C, 350, Nr. 194, 195, 197, 198,200, unfol. 15 Hoffutteramt, Wien 1805 September 21, HHStA, OStA, C, 350, Nr. 180, unfol. 118

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