Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)
DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Stadt selbst versteckt. So wurden zum Beispiel rechtzeitig vor der Einnahme Wiens durch die Truppen Napoleons im November 1805 die „sogenannten Imperial- oder Staats-Kirchengala-, nebst einigen Leibwagen“ nach Ungarn evakuiert.16 Da sich die Prunkfahrzeuge dort auch noch im Frühling des folgenden Jahres befanden, konnte die traditionelle Auffahrt des Hofes anlässlich des Fronleichnamsfestes im Jahr 1806 nur in eingeschränkter Form stattfinden.17 Als Napoleon im Jahr 1809 erneut Wien besetzte, ergriff man eine andere Strategie. Der „sogenannte Imperial- Staatswagen“ sowie die „übrigen reichen Hofgalawägen“ wurden diesmal in das Gartenpalais Schwarzenberg am Rennweg gebracht, wo sie die Zeit bis zum Abzug der Franzosen ohne Schaden überstanden.18 Andere Hoffahrzeuge wurden damals bei verschiedenen Handwerkern der Stadt verwahrt.19 Als im Jahr 1813 erneut die Gefahr einer französischen Invasion drohte, wurden abermals Evakuierungspläne geschmiedet, die sich diesmal aber als hinfällig erweisen sollten. Damals hatte man vorgesehen, zahlreiche Hofgalawägen in das Exil mitzunehmen20 - schließlich musste auch dort das Hofleben aufrechterhalten werden. Die „altfränkischen Galawagen“ - damit waren wohl die aus Barock und Rokoko stammenden Karossen und Berlinen gemeint - sollten hingegen in Wien „teils bei den Hof-Handels- und Handwerksleuten, teils in andern notorisch bekannten größeren Privathäusem“ eingestellt werden.21 Außerdem plante man damals, 100 viersitzige Reisekaleschen anzuschaffen, um über eine ausreichende Zahl an Fahrzeugen für die Evakuierung zu verfügen.22 Der in jener Zeit herrschende Mangel an Reisekaleschen hatte eine längere Vorgeschichte. Bis 1804 unterstanden nur die Stadt- und Galawägen dem Oberststallmeisteramt (das damals noch den Namen „Hoffütteramt“ trug); sämtliche Hofreisewägen wurden hingegen vom Obersthofpostamt verwaltet. Der Hofpoststall befand sich auf der Landstraße Nr. 306 (heute 3. Wiener Gemeindebezirk); ihm waren ein Wagenmeister und ein Stadelknecht zugeteilt, die über die Fahrzeuge zu wachen hatten. Auch für die Herstellung und Reparatur der Reisewägen des Hofes waren andere Handwerker als für die Stadt- und Galawägen zuständig. Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 16 Hoffiitteramt, Wien 1806 Juli 17, HHStA, OStA, C, 350, Nr. 211, unfol. 17 An Vize-Oberststallmeister Kaunitz, Wien 1806 Mai 24, HHStA, OStA, B, 4, fol. 603r. 18 Oberststallmeisteramt an den Obersten Kanzler Saurau, 1828 Wien April 18, HHStA, OStA, B, 46, ZI. 852 aus 1828, unfol. 19 Wagenmaler Franz Markei versteckte zum Beispiel sechs k. k. Leibpostwägen. Ebenda. 20 HHStA, OStA, B, 8, ZI. 814 aus 1813, fol. 335r-336v. 21 An Obersthofmeister Trauttmansdorff, Wien 1813 August 15, HHStA, OStA, B, 8, einliegend ZI. 801 aus 1813, fol. 268r v und 277r'v. Im Unterschied zum Imperialwagen selbst sollten die zu ihm gehörigen Geschirre nebst anderen Prunkgeschirren aus Wien weggeschafft werden. HHStA, OStA, C, 168, Fasz. ,,Salv[ierung] 1813“, unfol. 22 Kaiser Franz I. an Oberststallmeister Trauttmansdorff, Töplitz 1813 September 24, HHStA, OStA, C, 100, ZI. 1 029 aus 1813, unfol. 119