Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium
AUGUSTYNOWICZ, Christoph: „Ablegations-negocien von keiner erhöblichkeit“? – Wirken und Wirkung der Moskauer Großgesandtschaft in Wien 1687
Christoph Augustynowicz Veränderungen zwischen den beiden Staaten wurden nun ohne zeitliche Limitierung bestätigt. Polen-Litauen verlor die Stadt Smolensk und Teile der Wojewodschaften Witebsk und Cernigov (poln. Czernihów) im Norden und im Westen, sowie die linksufrige Ukraine und Kiev. Das Zaporoger Gebiet wurde polnisch-russisches Condominium, die Kosaken zum Heeresdienst gegen das Osmanische Reich verpflichtet.9 10 11 Der Friedensvertrag wurde am 6. Mai 1686'° abgeschlossen und von den Zaren ratifiziert. Der Vertrag war nicht nur die dauerhafteste politische Leistung der Regierung So- fijas, sondern zeigte auch mit aller Deutlichkeit die Veränderung der Machtverhältnisse in Osteuropa. Neben dem Bündnis gegen das Osmanische Reich und die Krim-Tataren“ bestätigte der Vertrag die territorialen Veränderungen12, die Glaubensfreiheit in beiden Staaten13 sowie den freien Handel zwischen polnischlitauischem und russischem Gebiet14, wegweisende Schritte also für den Kontinentalhandel mit Persien.15 International konnte die Tragweite des Dokumentes nicht unerkannt bleiben. Auch die Republik Venedig gratulierte den Zaren zum Friedensschluss und brachte den Wunsch zur Kooperation gegen das Osmanische Reich zum Ausdruck.16 Chan Selim Girej I. reagierte entsprechend beunruhigt: Dem Moskauer Staat und allen Mitgliedern der Heiligen Liga - insbesondere Polen-Litauen - wurden Bündnisse gegen die anderen Vertragspartner angeboten.17 Der Moskauer Friede wurde auch als Signal zur Öffnung des Moskauer Staates nach Westen genutzt. Der Leiter des Moskauer Außenamtes (russ. posol'skij pri- kaz), Vasilj Vasilevic Golicyn hatte sich anlässlich des Abschlusses in westlicher ment to the Truce of Andrusovo, 1654-1667. Berkeley, Los Angeles 1963 (=University of California Publications in History 74), S. 115-121. 9 Weitere Bestimmungen hatten die Rückgabe von Kulturgütern, die Auslieferung von Gefangenen sowie den Handel und den diplomatischen Verkehr betroffen; Vertragstext des Moskauer Friedens in Polnoe sobranie zakonov Rossijskoj Imperii s 1649 goda. Tom 2: 1676-1688. [Sankt Petersburg] 1830, S. 770-786. 10 Alle Datierungen des vorliegenden Aufsatzes wurden gemäß dem neuen Stil vorgenommen. 11 ArtikellO.il. 12 Artikel 3-5. 13 Artikel 9. 14 Artikel 18, 19. 15 Zur Bedeutung des Friedens von Moskau für den Handel vgl. Kaminski, Andrezej Sulima: Republic vs. Autocracy. Poland-Lithuania and Russia, 1686-1697. Harvard 1993, S. 67, 174. Zbigniew, Wójcik: Rokowania polsko-rosyjskie o „pokój wieczysty“ w Moskwie w roku 1686, in: Z dziejőw polityki i dyplomacji Polskiej. Studia poswiecone pamieci Edwarda hr. Raczynskiego Prezydenta Rzeczypospolitej Polskiej na wychodzstwie. Warszawa 1994 S. 38-55; zu Grzymuto- wski siehe Polski Sownik Biograficzny 9, Wrocaw - Warszawa - Kraków 1960-1961, S. 124-126; zu seiner Mission siehe Zbigniew, Wójcik: Dyplomacja polska. S. 235-237; zum Manifest Sofijas siehe Ustrjalov, Nikolaj Gerasimovic: Istorija carstvovanija Petra Velikogo. Tom 1. Sankt Petersburg 1858, S. 169. 17 B abuskina, G. K.: Mezdunarodnye znacenie krymskich pochodov 1687 i 1689 godov, in: Isto- riceskie Zapiski 33 (1950), S. 158-172, hier S. 163-164. 46