Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium

ZENČEV, Vladimir: Der Beginn der russisch-österreichischen Beziehungen

V. G. Zencev Monarchen der Welt“3 als Kaiser bezeichnet wurde. Der österreichische Diplomat und Schriftsteller Sigismund Freiherr von Herberstein, von dem noch die Rede sein wird, bemerkt in seinem berühmten, zum ersten Mal 1549 erschienenen Buch „Re­rum moscoviticarum commentarii [...]“ dass die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches den Moskauer Großfürsten niemals den Titel eines Kaisers oder Königs verliehen hätten, diese sich diese Würde jedoch selbst angeeignet hätten. Gleichzei­tig stellt er die erwähnte Titulierung in der Urkunde von 1514 nicht in Abrede, erklärt sie jedoch mit der politischen Konjunktur, die durch die schlechten Bezie­hungen zwischen dem Reich und Polen bedingt gewesen sei. Die wechselnde politische Situation der damaligen Zeit führte dazu, dass im Ge­genzug für eine Reihe dynastischer Zugeständnisse Maximilian versprach, gewisse Forderungen Sigismunds I. gegenüber Vasilij III. zu unterstützen, vor allem dieje­nige der Rückgabe von Smolensk an Litauen. Der Kaiser nahm in dieser Frage die Vermittlerrolle an. In dieser Mission traf am 18. April 1517 Baron Sigismund Herberstein mit seinem Neffen Hans von Thurn als Gesandter in Moskau ein. Vasi­lij III. empfing Herberstein zuvorkommend. Die Ideen einer Aussöhnung mit Polen und Litauen nicht zurückweisend, verweigerte er jedoch die Rückgabe von Smo­lensk. Hier möchte ich vom historischen Überblick ein wenig abschweifen und die Per­sönlichkeit und Verdienste Sigismund Herbersteins würdigen, die in der Festigung der russisch-österreichischen Beziehungen, in seinem umfangreichen Studium des damals noch wenig bekannten Moskauer Staates sowie darin bestehen, dass er da­durch das aufgeklärte Europa mit diesem bekannt machte. Die in lateinischer und deutscher Sprache erschienene Arbeit Herbersteins „Rerum moscoviticarum com­mentarii [...]“ („Moscoviterische Reis“) war die vollständigste und vor allem wahr­heitsgetreueste Beschreibung des Russischen Staates in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Maximilian I. und Erzherzog Ferdinand schickten Herberstein nach Moskau als Vermittler bei den russisch-polnischen Verhandlungen und trugen ihm auf, alle möglichen Informationen über das Land, über Politik und Wirtschaft bis hin zu Brauchtum und Alltag zu sammeln. Herberstein lebte 1517 und 1526 lange in Moskau, erlernte die russische Sprache, genoss das Vertrauen Vasilij s III. und hatte enge Kontakte mit Vertretern verschie­dener sozialer Kreise, mit den Vertrauten des Großfürsten, ihren Dienern, russi­schen und ausländischen Kaufleuten sowie einfachen Menschen. Er war wissbegie­rig, ein genauer Beobachter und gründlicher Forscher. Seine „Aufzeichnungen“ enthalten zahlreiche weitgehend objektive Informationen über das staatliche Sys­tem, die Innen- und Außenpolitik des Moskauer Staates, seine wirtschaftliche Lage, den Charakter, den Alltag, die Religion und Kultur des Volks. Herberstein merkt auch an, dass gewisse politische Aufgaben im Reich und in Russland auf ähnliche Weise gelöst werden. So zieht er unter den Bedingungen der Reformation eine Pa­3 B a n ty 5-Kamen ski j , Nikolaj N.: Obzor vnesnich snosenij Rossii (po 1800 god). C. 1. - SPb, 1984; S. 5. 22

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