Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium

ZENČEV, Vladimir: Der Beginn der russisch-österreichischen Beziehungen

rallele zwischen den Entscheidungen der Herrscher bezüglich der Stellung der kirchlichen Hierarchien in Russland und im Reich als Beweis für die Vorherrschaft der weltlichen Macht über die kirchliche und bemerkt die Ähnlichkeit der Anstren­gungen der obersten Machthaber beider Staaten hinsichtlich einer Zentralisierung des Gerichts- und Finanzsystems.4 Der Reichtum an Informationen, die Wahrheitsgetreue der Mitteilungen in den „Aufzeichnungen“ bewirkten eine ungewöhnliche Wendung in den Vorstellungen der Westeuropäer über die Rus des 16. Jahrhunderts. Dieses Werk zeigte Europa, dass das Reich die richtige Wahl zu Gunsten eines dynamisch stärker werdenden, zukunftsreichen und würdigen internationalen Partners traf, indem es die Beziehun­gen mit Russland ausweitete und ihm bestimmte diplomatische Unterstützung ge­währte. Der Name Herbersteins hat einen festen Platz in der Geschichte und sein Werk ist ein bedeutender Augenzeugenbericht, der zu einer wichtigen historischen Quelle wurde. Doch kehren wir zu den Ereignissen der diplomatischen Geschichte zurück. Ein­dringliche Vorschläge für einen Frieden oder wenigstens Waffenstillstand mit Li­tauen und Polen sowie Empfehlungen, Smolensk wieder abzutreten, brachten nach Moskau zunächst 1516 die Reichsdiplomaten Francesco da Collo und Antonio da Conti, dann der selbe da Conti wieder 1522 und erneut Herberstein 1526. Um Mos­kau zu einer Aussöhnung mit Polen zu bringen, wurde immer häufiger mit der Not­wendigkeit argumentiert, die Anstrengungen aller christlichen Staaten gegen die Osmanen und Krimtataren zu vereinigen. Dies wurde am Ende des 16. Jahrhunderts die dominierende Idee in den Beziehungen zwischen Russland und dem Reich. Im Laufe langer Verhandlungen, an denen Gesandte des Reichs und des Papstes teilnahmen, verringerte Litauen allmählich seine territorialen Ansprüche und ver­zichtete auf Pskov und Novgorod, forderte jedoch weiterhin Smolensk. Die An­strengungen der Vermittler waren nicht umsonst und 1615 wurde ein fünfjähriger Waffenstillstand auf der Grundlage des Status quo abgeschlossen: Smolensk blieb bei Moskau. Die Vermittlung des Reichs festigte sowohl seine als auch die Beziehungen des Erzherzogtums Österreich mit dem Russischen Staat. In den 1530-40er Jahren ka­men Moskauer Gesandte mehrmals nach Rom zu Karl V. und nach Prag zu Ferdi­nand. In dieser Zeit entwickelten sich die russisch-österreichischen Beziehungen vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung Erzherzog Ferdinands um Ungarn. Die Beziehungen mit Russland sahen die Habsburger als potenzielles Druckmittel, um ein Nachgeben Polens in der Ungarn-Frage zu erreichen. Die Zeit der Herrschaft Ivans IV. Groznyj und seiner Nachfolger auf dem russi­schen Thron ist gekennzeichnet durch aktive diplomatische und Handelsbeziehun­gen zwischen Moskau und dem Reich. 1571 erhält Ivan Groznyj die Nachricht, dass Maximilian II. nach dem Beispiel ihrer Vorfahren mit ihm in „freundschaftlicher Der Beginn der russisch-österreichischen Beziehungen 4 Herberstein [Gerber§tejn],S.: Zapiski o Moskovii. - Moskva, 1988. S. 75-77. [Aufzeich­nungen über Moskowien], 23

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