Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49. (2001) - Quellen zur Militärgeschichte – 200 Jahre Kriegsarchiv

HILLBRAND, Erich: Das Kriegsarchiv von 1945 bis zur Jahrtausendwende

Erich Hillbrand beschlagnahmte man wahllos - allerdings entgegen obiger Weisung zeitlich einge­schränkt - alle in Deutschland zwischen 1933 und 1945, sowie 1938 bis 1945 auf österreichischem Gebiet erschienenen Schriften ohne Bedachtnahme auf deren Inhalt. Akten aus der Zeit von 1938 bis 1945 gab es im Haus kaum, da diese in der Regel umgehend nach Potsdam weitergeleitet worden waren. Es verwahrte ledig­lich die Registraturen der vier Abteilungen, in die man das Archiv 1938 aufgeteilt hatte, das auf die Liquidierung des Bundesheeres bezügliche Material, die Regi­stratur der „Vereinigten Wehrevidenzstellen“ und 1945 geborgene Akten diverser Wehrmachtsgerichte.“ Beim Aktenbestand möge ein Beispiel genügen: Laut Wei­sung der Kommission sollten auch Akten vernichtet werden, die als Unterlagen für Wiedergutmachungen geeignet waren. Sie konnten jedoch durch entsprechende Intervention gerettet werden.* 29 * 31 * Die konfiszierten Publikationen und Akten gingen teilweise in den Besitz der Alliierten über, der Rest fiel der Vernichtung anheim, ln dem unter Regeles Leitung entstandenen Inventar des Kriegsarchivs wird der mit 31,5 Tonnen bezifferte Verlust lediglich als „geringe Minderung“ (!) klassifiziert.1" Eine Einschätzung dieser Angelegenheit und vor allem der Person des damaligen Direktors verrät ein an das Bundeskanzleramt und das Haus-, Hof- und Staatsar­chiv gerichtetes anonymes Schreiben. Der für den Inhalt Verantwortliche des im Namen der Angehörigen des Hauses abgefassten Briefes ließ sich nicht identifizie­ren.1' Auch die Erhaltung des räumlichen Reservoirs blieb nicht gewährleistet. Nach der kurzfristigen Einquartierung russischen Besatzungsmilitärs strebte im Juni 1945 die Sozialistische Partei nach den von der Archivbibliothek benützten Räu­men in der benachbarten Karl Schweighofer-Gasse und erhielt vorerst auch an­standslos eine Zuweisung seitens des Wohnungsamtes. Dank entsprechender Inter­vention blieb dem Archiv dieses Ausweichquartier jedoch erhalten.12 Im September des Jahres beabsichtigten dann die Amerikaner, in deren Bereich seit dem Zonenabkommen für Österreich (9. Juli 1945) das Archiv lag, den zentra­len Platz der Stiftkaserne als Truppenunterkunft für 3.000 Mann zu nutzen und dafür auch den Akademietrakt - die Heimstätte des Kriegsarchivs - heranzuziehen. Unterstützt durch die Generaldirektion und den amerikanischen Archivar William P. Herod widersetzte sich das Archiv mehreren Räumungsbefehlen. Man wandte sich sogar an General McArthur, Ehrenmitglied des Verbandes österreichischer 2* Vgl. Winter, Otto Friedrich: Personalunterlagen des Zweiten Weltkrieges im Kriegsarchiv. In: MÖStA 28 (1975), S. 50 - 67, hier S. 52. 29 KA, Reg. ZI. 490/46, 1307/46. 10 Durch die Verlagerungen waren schon 154 t verloren gegangen. In: Publikationen des Österreichischen Staatsarchivs, Ser. 1I./V11I. Inventar des Kriegsarchivs Wien. Wien 1953. [in Hinkunft: Inventar des Kriegsarchivs Wien], Bd. I., S. 13. 31 KA, MS/KA, Nr. 168; KA, Reg. ZI. 1103/46; GenDion, ZI. 1215/46. 12 KA, Reg. ZI. 1547/45. 46

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