Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

TELESKO, Werner: Die Seitenbilder der Marienkirche in Sulz im Wienerwald. Ein Beitrag zur Frömmigkeitsgeschichte im maria-theresianischen Zeitalter

Die Seitenaltarbilder der Marienkirche in Sulz im Wienerwald chen unterstützt. Die Heilige wird von einem mit einem roten Gewand gekleideten Engel gehalten, der Theresia von Avila mit der Rechten stützt und mit der Linken die linke Schulter der Heiligen umfangt. Während Theresia von Avila en face ge­geben ist, wird in der Darstellung des Engels ein markantes Profil formuliert. Das Zueinander von Engel und Heiliger erscheint damit in eigenartiger Weise aufgeho­ben. Die Heilige ist gemäß der üblichen Ikonographie als Nonne in braunem Habit mit weißem Mantel und schwarzem Schleier gekleidet. Obwohl die Haltung der hl. Theresia dem gängigen Visionstypus entspricht und sie die Augen verklärt nach oben gerichtet hat, ist hier aber offensichtlich nicht die Trans verbera tion des En­gels mit dem Pfeil der göttlichen Liebe dargestellt. Stattdessen wird ihre Funktion als Büßerin (mit aufgeschlagenem Buch, Totenkopf und Geißelstrick zu ihrer Lin­ken) betont. Verschiedene Typen der im Barock verbreiteten Theresia- Ikonographie werden im Gemälde kombiniert: Auf den bekanntesten und verbrei­tetsten ikonographischen Typus, die Transverberation der Heiligen durch den En­gel, verweist der die Heilige stützende Engel, zusätzlich sind die Funktionen der Büßerin und der vom Heiligen Geist Erleuchteten hervorgehoben. Der Engel, der üblicherweise die Transverberation mit dem Pfeil göttlicher Liebe vollzieht, ist jedoch nicht dargestellt. Diese offensichtliche Vermengung verschiedener Typen der Heiligen verringert die erzählerische Komponente des Bildes und verleiht dem Gemälde den Charakter eines ,Andachtsbildes“. Die Wirkung besteht hier nicht mehr in der beminesken Zuspitzung des Geschehens auf den einen markanten Hö­hepunkt der Transverberation, sondern in einer zum Betrachter gekehrten Schau. Die Transverberation der hl. Theresia von Avila wird nur zum Anlass genommen, um die appellative Funktion der Heiligen zu unterstreichen. Beide Heilige, Theresia von Avila und Franz Xaver, werden im Gemälde primär in einer zum Betrachter gekehrten Funktion gezeigt. Dies ist ein wesentlicher Hin­weis für ein konsequent durchdachtes hagiographisches Konzept der Kirche von Laxenburg. Die Ikonographie von Heiligen der Gegenreformation wird zwar auf­gegriffen, jedoch in einer sehr spezifischen Weise verändert. Der mystische Aspekt des hagiographischen Geschehens ist vermindert zugunsten der „katechetischen“ und volkszugewandten Funktion der Heiligen, die besonders in der Darstellung des hl. Franz Xaver zum Ausdruck kommt. Die Bedeutung der hl. Theresia von Avila ergibt sich nicht nur aus dem Heili­genpatronat. Eine Beziehung zwischen der hl. Theresia von Avila und der Kaiserin wurde bereits in Johann Wilhelm Ludwig Gleims „Preußischen Kriegsliedem in den Feldzügen von 1756 und 1757 von einem Grenadier“ (1758) hergestellt: Die Kaisermutter, sagt man, sei / dem edlen Frieden hold. / Sie hätte Krieg und Kriegsgeschrei / um Bayern nicht gewollt. / Ist es wahr, dann Viktoria! / Dann liebt der Kriegesmann / die heilige Theresia, / dann betet er sie an”. 29 29 Wandruszka, Adam: Österreich am Ende der Regierungszeit Maria Theresias. In: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 111 (1974), Nr. 3, S. 41-60, 385

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