Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
AGSTNER, Rudolf: Österreichische Konsulate in der Schweiz
sänne oder Genf [,..]“14 Die Anregung wurde vom k. u. k. Militärattachd, Oberst Berlepsch, aufgegriffen. In einem „streng geheimen“ Bericht15 bezeichnete er vom militärischen Standpunkte die Errichtung einer Nachrichtenstelle in Brieg ganz besonders erwünscht. Zweckmäßig wäre es, daß gleich bei Schaffung einer k. u. k. Vertretungsstelle in Brieg das militärische NA-Organ dorthin gelange und zwar- im Hinblick auf die in einem kleineren Orte um so grössere Kompromittierungsgefahr- unbedingt in der Funktion eines Vizekonsuls. Der betreffende Herr müsste vorher in gleicher Eigenschaft am besten 4-6 Wochen beim Vizekonsulat Lausanne verwendet und dort sicher im Paßwesen, aber ganz besonders hinsichtlich der eigenartigen Schweizer Verhältnisse geschult werden. Das k. u. k. Armee-Oberkommando unterstützte den Vorschlag sofort und regte im k. u. k. Ministerium des Äußern die Errichtung einer k. u. k. Vertretungsbehörde in Brieg offiziell an. Der Ballhausplatz hatte aber andere Sorgen, als auch noch in Brieg ein Vizekonsulat zu errichten, ganz abgesehen von der Personalknappheit, und so war der 1. Sektionschef, Baron Flotow, „nicht in der Lage, die vom k. u. k. AOK befürwortete Anregung [•..] in Erwägung zu ziehen Er stellte sich die Frage nach der Begründung, da wir in Brieg und überhaupt im Kanton Wallis nahezu keinerlei ostensible Interessen (weder Schutz- noch Handelsinteressen) besitzen, die es uns ermöglichen würden, von der Schweiz die Zustimmung zur Errichtung einer k. u. k. österr.-ungar. Konsularbehörde dortselbst zu erlangen [...]. Flotow glaubte daher, dass „schweizerischerseits hinsichtlich der Zulassung derselben Schwierigkeiten bereitet werden würden“, und lehnte auch die Idee einer Junktimierung mit dem - damals nicht mehr aktuellen - Schweizer Begehren nach Errichtung eines Konsulats in Bregenz ab. Im Frühjahr 1918 hatte die Schweiz auch die Idee verfolgt, ihren Wiener Gesandten beim Fürsten von Liechtenstein zu beglaubigen, was darauf schließen läßt, daß die Schweizer mit der Errichtung eines Konsularamtes in Bregenz oder Delegierung eines Organs nach Vaduz uns nicht genehme Kontroll- zwecke verfolgen wollen.16 Unter diesen Umständen wurde daher das vom Armee-Oberkommando aus Spionageinteressen verfolgte Projekt eines k. u. k. Konsularamtes in Brieg zu den Akten genommen. Bei Zusammenbruch der Monarchie im November 1918 bestanden in der Schweiz ein effektives Generalkonsulat in Zürich, effektive Konsulate in Basel, St. Gallen und Lugano sowie Honorarkonsulate in Davos und Genf und ein Honorarvizekonsulat in Lausanne; es fällt auf, dass alle Honorarämter - nicht zuletzt wegen ihrer politischen Bedeutung - von beamteten Generalkonsuln geleitet wurden und auch sonst kaum Honorarfunktionäre dort Dienst versahen, dafür umso Österreichische Konsulate in der Schweiz - Teil I 14 ÖStA, HHStA, Gesandtschaftsarchiv Bem, K 80, VK Lausanne 4 582/res vom 1. November 1917. 15 Ebenda, k. u. k. Militárattaché, Res. 1 583 vom 20. März 1918. 16 ÖStA, HHStA, Ministerium des Äußeren [in Hinkunft: MdÄ.], Sektionschef Flotow, ZI. 42 521/10 an Ges. Musulin vom 13. Mai 1918. 19