Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
LILLA, Joachim: Die Vertretung Österreichs im Großdeutschen Reichstag
Joachim Lilla anderseits gibt es auch hier keinen Anhaltspunkt, etwa einen aus diesen Gebieten stammenden Nachrücker, der eine Einbeziehung dieser Gebiete in den Wahlkreis Österreich erkennen ließe”. II. Die Aufstellung der Reichstagswahlkandidaten in Österreich Im Zweiten Gesetz über das Reichstagswahlrecht vom 18. März 1938'* wurde in §§ 1 und 2 bestimmt, dass an Stelle der im Reichswahlgesetz auch vorgesehenen Kreiswahlvorschläge (nur) der Reichswahlvorschlag tritt, der durch einen oder mehrere Bewerber gekennzeichnet werden kann37 38 39. Die Wahlvorschläge für die Wahlen im November 1933 und im März 1936 beinhalteten zwar im Grundsatz auch schon eine Einheitsliste mit „den in sämtlichen Wahlkreisen und im Reichswahlvorschlag zugelassenen Bewerbern“, darüber hinaus aber auch noch in einzelnen Wahlkreisen oder auf dem Reichswahlvorschlag zugelassene zusätzliche Bewerber40. Die „Einheitsliste“ von 1936 hatte folgenden Aufbau: Auf den Nummern 1 bis 5 standen Hitler, Heß, Frick, Göring und Goebbels, es folgten auf den Nummern 6 bis 59 in alphabetischer Reihenfolge die weiteren Reichsminister, Reichsleiter, Gauleiter und vergleichbare Chargen, auf den Nummern 60 bis 1 017 ebenfalls in alphabetischer Reihenfolge die weiteren Bewerber, auf den Nummern 1018 bis 1 023 einzelne, offenbar nachträglich aufgestellte Bewerber. Mit Nummern über 1 024 firmierten zusätzliche Bewerber in den einzelnen Wahlkreisen und auf dem Reichswahlvorschlag41. 1938 hingegen wurde durch die alleinige Zulassung des Reichswahlvorschlages eine (scheinbare) Einheitlichkeit erreicht. Dritten Reich 1938-1945. Aspekte ihrer politischen, wirtschaftlich-sozialen und kulturellen Entwicklung. 3. Aufl. Graz 1994, S. 123-166; Derselbe (Hrsg.): Die Stabsbesprechungen der NS- Zivilverwaltung in der Untersteiermark 1941-1944. Edition. Graz 1996 (Unserer Zeit Geschichte 3). 37 Die Tatsache, dass beispielsweise der Abgeordnete Knaus, der 1938 in den Reichstag „gewählt“ wurde, 1941 politischer Kommissar und 1942 Oberbürgermeister in Marburg an der Drau (Maribor) wurde, ist im Zusammenhang mit der Fragestellung unerheblich. 38 RGBl 1938 1, S. 258. 39 Zum Gesamtkomplex von Reichstagskandidatur und Mandatszuteilung vgl. eingehend Hubert: S. 336-360, obgleich dieser sich bei seinen sehr aufschlussreichen Auswertungen vorwiegend auf die Reichstagswahlen von November 1933 und März 1936 beschränkt. Bei den genannten Wahlen waren die Listen jedoch so angelegt, dass dem formalen Erfordernis des § 33 Reichswahlgesetz Rechnung getragen wurde, das heißt, dass die Bewerber im Grundsatz so platziert waren, dass diejenigen, die in den Reichstag einziehen sollten, auch ein Mandat erhielten. Ebenda, S. 348-351. 40 Vgl. Die Wahlen zum Reichstag und die Volksabstimmung 12. November 1 9 3 3. Bearb. im Statistischen Reichsamt, Berlin 1935 (Statistik des Deutschen Reiches Bd. 449), S. 10; Die Wahlen zum Reichstag am 29. März 1 9 3 6. Bearb. im Statistischen Reichsamt, Berlin 1937 (Statistik des Deutschen Reiches Bd. 497), S. 8. 41 Reichstagswah 1 1936:S.8-30. 236