Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LEBENSAFT, Elisabeth – MENTSCHL, Christoph: Vom Service de Prestation zur Alien Labour Company. Ein Beitrag österreichischer Flüchtlinge im Kampf gegen NS-Deutschland, dargestellt nach britischen Quellen

die Modalitäten der Entlohnung, der Verantwortlichkeiten, der Disziplin etc. gere­gelt wurden“. Tatsächlich dürfte der Einsatz der deutschen und österreichischen Prestataires bei den Franzosen selbst nur kurz angedauert haben und wurde allem Anschein nach von vielen Betroffenen eher als „Episode“ empfunden, die in Erinnerungen von Zeitzeugen, wenn überhaupt, meist nur kurz gestreift wird”. Für einige Flüchtlinge bot der Prestataires-Dienst immerhin den Vorteil, daß die Zeit der Interniemng zu­mindest vorerst vorbei zu sein schien und sie dem tristen und monotonen Lageralltag entkommen konnten, andere waren weiterhin in den Lagern interniert, wenn sie auch von den Nicht-Prestataires separiert worden waren“. Es hat jedoch den An­schein, daß die Prestation seitens der französischen Behörden nur als eine Art Alibi­handlung betrachtet wurde, da die Betroffenen zwar bereits Anfang 1940 den Status von Prestataires innehatten oder zumindest als solche bereitgehalten wurden, der Arbeitseinsatz aber ziemlich spät33 34 * 36, also erst wenige Wochen vor dem deutschen Angriff auf Frankreich erfolgte und die Prestataires offensichtlich kaum zu effekti­ven Tätigkeiten herangezogen wurden37. (Auch die Tatsache, daß ein umfangreiches Dekret, das die Organisation und den Einsatz der Prestataires detailliert regelte, erst am 13. Mai 1940 erlassen wurde, ist in diesem Zusammenhang bezeichnend38.) Verwiesen sei in diesem Zusammenhang etwa auf die Schilderung des sozialde­mokratischen Exilanten Fritz Hlavati, der - seiner Erinnerung nach - im März 1940 zum Prestataires-Dienst eingezogen wurde, wodurch er sich, wie er hervorhebt, end­lich als politischer Flüchtling anerkannt fühlte. Er wurde gemeinsam mit etwa vier­zig anderen in Angouléme zum Aufbau einer Feldbäckerei abkommandiert, ein Vor­haben, das jedoch nicht verwirklicht werden sollte39. Auch der österreichische Journalist Alfred Jenauth weiß von einem effizienten Einsatz nichts zu berichten. Er begann seinen Prestataires-Dienst gemeinsam mit etwa 150 anderen Männern in einem alten Gefängnis in Forcalquier, erhielt dort ein livret militaire und behielt (wie auch Hlavati) besonders die alte Uniform aus dem Ersten Weltkrieg, mit der er eingekleidet wurde, im Gedächtnis: Elisabeth Lebensaft und Christoph Mentschl 33 Die Vertragsvorlage ist zumindest in englischer Übersetzung überliefert: ebenda, S. 163 f.: Appendix I, „Contract placing alien conscript workers at the disposal of a private undertaking“ (5 Seiten). 34 Vgl. etwa Thai berg, Hans J.: Von der Kunst, Österreicher zu sein. Erinnerungen und Tagebuchnotizen. Wien-Köln-Graz 1984 (Dokumente zu Alltag, Politik und Zeitgeschichte 6), S. 92, ferner das von dem im Dezember 1993 verstorbenen Maler und Graphiker Mag. Hans Escher den Verfassern am 29. 11. 1993 gegebene Interview (Transkription S. 18), aber auch Escher, Hans: Persönliches Erleben im Exil 1936— 1945. In: Österreicher im Exil 1934 bis 1945. Protokolle des internationalen Symposiums zur Erforschung des österreichischen Exils von 1934 bis 1945 ... Hrsg, von Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Red. Helene Maimann und Heinz Lunzer). Wien 1977, S. 590-592, hier S. 591: „Dann, im Frühling, erfolgte unsere Mobilisierung in Arbeitseinheiten der französischen Armee“. 33 Vgl. Joly - Joly - Mathieu: Les camps d’intemement, S. 196. 36 Dabei lassen sich aufgrund der regionalen Unterschiede schwer allgemeingültige Aussagen machen. 37 Vgl. Joly -Joly - Mathieu: Les camps d’intemement, S. 195. 38 PRO, FO 371/24295, S. 140: „Aliens’ Service in France“, undatiert [Mai 1940). 39 Interview mit Fritz Hlavati, in:Etzersdorfer: Sozialisten, S. 300-344, hier S. 322 f. 94

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