Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LEHNER, Monika: Die Errichtung des k. u. k. Gesandtschaftspalais in Beijing (1896–1900)

Mit der Abwicklung der Vorarbeiten zur Errichtung der Gesandtschaftsgebäude (Ministerpalais und Gebäude für den Attaché und die Seminaristen/Eleven) wurde zunächst der Kanzleisekretär I. Klasse Heinrich Philipp Freiherr von Siebold9, der 1895/96 interimistisch das k. u. k. Generalkonsulat in Shanghai leitete, betraut. Bevor dieser aktiv wurde, trat im Oktober 1895 der in Tianjin ansässige General- Agent der Firma Krupp, der Österreicher Hermann Mandl in dieser Angelegenheit an ihn heran. Nach dessen Ansicht war ein geeignetes Gebäude nicht vorhanden und, wie er sagte, herrschte in der Hauptstadt des Qing-Reiches zudem generell Wohnungsnot. Der geschäftstüchtige Mandl machte daher - wie Siebold berichtete, „ganz aus eigener Veranlassung“ - das Angebot, „für den Fall, die hohe k. u. k. Regierung nicht selbst die Intention hege, einen Bau­grund zu erwerben und ein Gebäude zu errichten, dieses aus Eigenem zu thun und sich dann betreffs der Vermiethung oder der Überlassung im Wege der gleichzeitigen Amorti­sation des Gesandtschafts-Gebäudes sowohl wie des Terrains an die k. u. k. Regierung unseren Wünschen möglichst anzuschließen“10. Eine ähnliche Konstruktion war in Japan angewandt worden und hatte sich dort nicht sonderlich bewährt. Dementsprechend erschien von Siebold dieser Vorschlag überaus unvorteilhaft - sowohl „im Interesse unserer Stellung in Peking [... ] wie auch in ökonomischer Beziehung“11. Dieser - für das Ministerium des Äußern doch etwas überraschende - Vorschlag wurde nicht weiter verfolgt. Eine entscheidende Wendung bedeutete die konkrete Bestellung eines Gesandten für China. Der Gesandte in Tokyo, Christoph Graf Wydenbruck12 übernahm auch die Vertretung in China, die bis dahin vom Generalkonsul in Shanghai wahrgenommen worden war. Wydenbruck residierte weiter in Tökyö. Als 1896 die Vertretungen in China und Japan auch personell getrennt werden sollten, war Carl Ritter von Boles- lawski für den neukreierten Posten in China nominiert worden. Nach dessen Tod im Sommer 189613 wurde am 26. Dezember dieses Jahres Moriz Freiherr Czikann von Wahlbom zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am Hofe von China ernannt14. Die Errichtung des k. u. k. Gesandtschaftspalais in Beijing (1896-1900) 9 Heinrich Philipp Frh. von Siebold (21. Juli 1852 - 11. August 1908) war ab 1872 in Diensten der k. u. k. Vertretung in Japan und hatte wesentlichen Anteil an der Teilnahme Japans an der Wiener Weltausstel­lung 1873. Er stand bei den k. u. k. Vertretungen in Japan (und interimistisch beim k. u. k. Generalkonsu­lat Shanghai) in Verwendung, blieb jedoch immer in subalternen Positionen, die seinem Potential nicht an­gemessen waren. Zu seiner Biographie siehe Körner, Hans: Die Würzburger Siebold. Eine Gelehrten­familie des 18. und 19. Jahrhunderts. Leipzig 1967 (Lebensdarstellungen deutscher Naturforscher Nr. 13), S. 530-548. 10 HHStA, AR Fach 6/28, 6-Peking-l/l, fol. lv-2r. (Siebold an MdÄ, N° LVIII, Shanghai 1895 Nov. 1). 11 E b e n d a, fol. 2r. 12 Christoph Graf Wydenbruck war seit 10. September 1895 außerordentlicher Gesandter und bevollmäch­tigter Minister bei den Höfen von China, Japan und Siam, ab 26. Dezember 1896 bei den Höfen von Japan und Siam. Zu seiner Karriere vgl. Jahrbuch des k. u. k. Auswärtigen Dienstes. Jg. 21 (1917), S. 466. 13 Zu Carl Ritter von Boleslawski vgl. L e h n e r: Beiträge, S. 176,Anm.653. 14 Moriz Freiherr Czikann von Wahlbom (23. April 1847-19. April 1909) war zuletzt seit dem 25. Oktober 1895 mit der Leitung des Konsulates in Galatz und mit der Vertretung Österreich-Ungams bei der euro­päischen Donaukommission betraut gewesen. Zu seiner Karriere vgl. Jahrbuch des k. u. k. Auswärtigen Dienstes. Jg. 13 (1909), S. 221. 127

Next

/
Oldalképek
Tartalom